2. Teil Schuppenflechte - Freiheit (211)
Kl: Vor der mittleren Tür, vor der Eisentür, da sitzen meine ganzen
Anteile. So, wie ich sie gestern verlassen habe, sitzen sie da jetzt und warten
auf mich.
Th: Wie ist das so für dich, wenn du das so siehst, sag es ihnen.
Kl: Ja also, so wie ihr da sitzt, da ist von euch Gespanntheit, ... keine Freude
oder Gleichgültigkeit. Es ist wie eine Aufforde-rung, wie eine Erinnerung,
daß ich mich nicht davon schleichen soll. Ihr ..., ihr habt so eine Erwartungshaltung.
Th: Sag ihnen aber auch, wie es dir damit geht, wenn sie da so auf dich warten,
da unten.
Kl: Naja, mir ... mir geht es so, wie eine Spannung, die einerseits Neugier
ein-schließt, andererseits aber auch Be-fürchtungen, vor was auch
immer, Angst, vor was auch immer, mit einschließt. Und jetzt sehe ich
auch an dir, Angst, wie du dich aus der Masse hervorhebst. Ihr, Befürchtungen,
gleicht euch dem an. Ihr steht auf, während die anderen sitzen bleiben.
Jetzt steht ihr alle auf und bildet eine Gasse. Ich hab gar keine andere Wahl
als in diese Tür zu gehen. Ihr faßt euch alle bei den Händen,
... links und rechts zu dieser Tür.
Th: Das heißt, sie sind alle für dich da. Sie sind gar nicht zerstritten
untereinander und wollen, daß du was wahrnimmst.
Kl: Ja, (seufzt) und jetzt haltet ihr mir die Hand hin, die beiden Ersten in
der Reihe. Das ist auf der linken Seite, ist es die Angst und (schluchzt auf)
auf der rechten Seite ist die Liebe, und ihr nehmt mich bei den Händen
und führt mich in eure Mitte. Mir ist, ... es durchströmt mich von
der rechten Seite ein Gefühl der Ruhe, und es ist, als wenn das durch mich
durchgeht in die Richtung der Angst.Und da kommt ein Leuchten, was von der rechten
Seite rüber geht zur linken, wie so´n, hm, wie so ein Torbogen. Weil
..., ihr bildet damit einen Tunnel. Es ist, als wenn die rechte Seite der linken
Seite damit hilft, und jetzt steigt das von der linken Seite auch auf und trifft
sich. Die Farben vermischen sich und strömen zur rechten. Und es ist wie
in einem Spiel-automaten. Die Lichter gehen hin und her, und her und hin, und
die Tür da vorne, die ist gar nicht mehr da, die ist schon auf.
Th: Oh ja, schau mal gerade aus, was du wahrnimmst.
Kl: Da ist es hell hinter der Tür. Es ist die Freiheitstür. Jetzt
gehe ich halt Schritt für Schritt vorwärts.
Th: Spür mal, wie sich das anfühlt. Es ist ja auch symbolisch. Du
gehst in die Freiheit hinein.
Kl: Ja, von beiden Seiten bekomme ich ..., ich weiß gar nicht, was es
ist, ... wie eine Energie, ... Zuversicht, daß ich vorwärts gehen
darf, obwohl mein Körper total unter Spannung steht. Also, es ist schon
so, als ... als zwinge ich mich da selbst in ein Korsett, in ... in ... ja,
ich weiß nicht, als mach ich mich eng und begrenzt. Und trotzdem kommt
..., von allen Seiten werde ich berührt und krieg Funken von Energie, und
alle kommen sie ganz dicht auf mich zu, ... im engen Kreis, ... und drängen
mich vorwärts.
Th: Wie fühlt sich das an? Weil, dein Körper zittert ein bißchen.
Kl: Es ist, ... ja, wie soll ich das sagen? Als hab ich keinen Einfluß
darauf, als passiert das einfach. Und es ist nicht die Ruhe, aber es ist auch
nicht ..., es ist auch nicht die Angst. Es ist irgendwie, als gäbe es keine
Ausweichmöglichkeit mehr, und als fehlt mir nur der Anschubs, den ich jetzt
von allen Seiten bekomme, und ich weiß, wenn ich über diese Schwelle
gehe, dann gibt es kein Zurück. Und da kommt so ein Gefühl wie Be-klemmung
auf, was natürlich paradox ist, weil, was gibt es besseres als die Frei-heit.
Aber es bedeutet auch, da meldet sich der Verstand. Es ist der Teil, der sich
meldet, der wächst einfach einen Kopf größer als die anderen,
und der sagt mir, ... zeigt mir die Konsequenzen auf, wenn ich mich darauf einlasse,
dann gibt es kein „nicht wissen wollen”, kein Auswei-chen in „nächstes
Jahr ist auch noch ein Tag oder Jahr”, und jetzt wächst die Verantwortung
einen Kopf größer und meldet sich. ... Die Verantwortung für
mich und mein Leben (schluckt), und jetzt meldet sich die Sicherheit und fragt:
„...und wo bleibe ich?” (Die Klientin weint leise) Die Sicherheit
wird jetzt in den Arm genommen, von den Nachbarn. (weint stärker) Da kommt
die Geborgenheit und nimmt sie in den Arm. Das ist, als wenn die alle selbständig
sind, und jetzt kommt die Entschlossenheit, kommt auf mich zu und umarmt mich,
gibt mir links ‘nen Kuß und rechts ‘nen Kuß und nimmt
mich an die Hand, ... an die linke Hand, umfaßt mit dem anderen Arm die
Angst und die Befürchtung, die jetzt eine Person sind. ... Und jetzt öffnet
sich der Kreis nach vorne. Ja, und jetzt stehe ich auf der Schwelle und es ist,
als wenn ich von allen Anteilen die Hände im Rücken spü-re. Da
durchströmt mich irgendwie ungeheuer ein Fluß, ein Strom, wie beschützend.
Th: So was wie, sie stehen alle hinter dir?
Kl: Ja, und jetzt lösen sie sich alle auf, mit einer unwahrscheinlichen
Freundlich-keit im Gesicht. (seufzt) Der Mut winkt mir noch mal zu. ... Ok,
da ist, die Tür ist ja schon auf, aber es ist wie so eine Fliegengittertür
noch mal davor, ja und jetzt bin ich allein und steh davor.
Th: Das heißt, du mußt diesen Schritt allein machen und ganz bewußt.
Kl: Ja. - Pause - Ok, da ist auch kein Schloß mehr oder nichts. Es ist
einfach nur so ein Schutz, und da geh ich jetzt durch und steh im hellen Sonnenlicht.
Und das Licht, das ist ..., das ist ein anderes Licht als ... als hier. Eher
vergleichbar mit dem Licht in Afrika. - Die Klientin erzählt von diesem
Licht in Afrika in der Steppe und vermutet, die großen Kirchenmaler müssen
so ein Licht eingefangen haben. - ... Ein totales Licht, das direkt aus, ja,
aus der Tiefe des Univer-sums zu kommen scheint. Ein kraftvolles Licht. - Pause
- Es ist, ... ich sitz da in einem Schlauchboot, und rings um mich ist Wasser.
Ruhiges Wasser. Das treibt einfach nur, aber nicht in eine bestimmte Richtung.
Ist auch gar kein Paddel da!
Th: Ah, hmhm, frag doch mal das Boot oder das Wasser, ob das symbolischer Ausdruck
ist für dein Leben, oder was soll das darstellen oder für welchen
Aspekt von deinem Leben.
Kl: Also, Boot oder Wasser, für was steht ihr? Warum hast du, Boot, kein
Paddel, womit ich auch lenken kann oder mich vorwärts bewegen kann? Da
steht jetzt die Frage, ob ich weiß, was ich will, ob ich bereit bin, zu
kämpfen. - Der Thera-peut will wissen, wer das sagt oder fragt, oder ob
das ihre Vermutung ist. - Nein, die Frage kommt vom Boot.
Th: Ah ja, es ist ja schon auffällig, daß du kein Paddel hast, das
ist ja schon wie steuerlos.
Kl: Ja ... und die Frage, ob ich bereit bin, zu kämpfen kommt vom Wasser.
Und beide warten auf meine Antwort. Ja, also auf die erste Frage, ja, ich weiß,
wohin ich möchte. Ich möchte in die Freiheit, sonst wäre ich
nicht durch diese Tür. Und schwupp,(lacht) liegt da ein Paddel. Aber erst
eins. Mit einem Paddel kann man nicht paddeln, jedenfalls nicht in so einem
breiten Boot. Das geht nur in einem schmalen.
Th: Das heißt, wenn du ganz klar bist, daß du in die Freiheit willst,
dann bekommst du auch das Instrument in die Hand, - Die Klientin bejaht. - wenn
auch nur eins.
Kl: Jetzt zu der zweiten Frage, ob ich bereit bin, zu kämpfen. Ja, sonst
wär ich nicht hier. Hui, da kommt gleich eine Retourkutsche in Form von
Wellen. So, und jetzt muß ich auch dieses Paddel schon nehmen, daß
ich da nicht ganz führerlos rumtrudele.
Th: Das heißt, du mußt interagieren.
Kl: Ja, und das ist äußerst schwierig mit nur einem Paddel, und schon
kommt die erste Welle über Bord, und ich hab nasse Füße. Also,
das find’ ich jetzt aber überhaupt nicht gut. Und schon kommt die
zweite Welle. Wasser, wenn du so weitermachst, dann sauf’ ich ab. Dann
komm ich nicht in die Freiheit, dann nützt mir auch ein Paddel nichts.
Th: Das ist deine Vermutung. Das kann aber auch eine Herausforderung sein, ein
Test, eine Aufzeichnung auf der symbolischen Ebene. Das Meer, das Wasser steht
für Lebendigkeit, für die Psyche, für die Energie.
Kl: Also, ich guck mich jetzt mal um, und da kommt unter ..., unter dem Sitz
kommt ‘ne Dose vor, ‘ne Blechdose. Eine relativ große, und
das Wasser ist wieder ruhig, und ich fang jetzt einfach mal an, das Wasser wieder
raus zu schippen, da aus dem Boot.
Th: Ah ja, auch symbolisch. Nicht wahr, du wirst ein bißchen naß
gemacht, Boot wird voll oder ein bißchen, aber du hast ein Werkzeug, es
wieder auszuleeren. Gut.
Kl: Ja, und jetzt kommt auch ein Wind-stoß und treibt mich so in eine
Richtung, und ich brauch nur mit dem Paddel mal auf der linken Seite und mal
auf der rechten Seite zu lenken, daß ich genau mit dem Wind geh. Ich brauch
da gar nicht gegen anzukämpfen. Und da kommt dann auch schon das Ufer in
sichtbare Nähe, ... fast greifbar. - Der Therapeut fragt, ob es einladend
ist, was die Klientin bejaht, sie soll mal hinschauen. - So, jetzt legt sich
aber der Wind. Hey Wind, du könntest mich ruhig schon noch ein bißchen
vorwärts schubsen. Da kommt noch mal so eine Böe, und ich bin fast
am Strand. Tja, und da stehen sie und erwarten mich.
Th: Die von eben? Oder wer?
Kl: (tiefes Luft holen) Das kann ich nicht so genau sagen. Es sind Anteile.
Th: Frag sie mal, schau mal, wie sie reagieren. - Die Klientin meint, es seien
nicht die Anteile von eben. Der Thera-peut fordert zur direkten Ansprache auf.
Kl: Ihr seid Teile, ja, als habt ihr noch andere mit einbezogen. Da ist die
Schuld wieder, die mir die Kraft raubt, ... rauben will. Das darf ich gar nicht
zulassen. Und da ist auch, ... ist auch mein Vater, der wieder da steht.
Th: Oh ja!
Kl: (erschreckt) Und er hat ..., er hat bei sich auf der Seite die Schuld, ...
er hat auch die Partnerschaft!
Th: Oh! Na, das ist eine heftige Aussage! Schau es dir mal an! Er hat sich mit
der Schuld verbunden, und die Partnerschaft ist von ihm abhängig oder in
Beziehung mit ihm - Die Klientin bejaht - , ein Projekt von ihm oder wie auch
immer. Das ist markant!
Kl: Und er hat noch ein paar Teile. Er hat die Wut und den Zorn, Jähzorn,
als gehört das nicht zu mir, als gehört das zu ihm! Aber trotzdem
sind das meine Teile! - Der Therapeut bekräftigt mit einem „Ja”.
- Und da kommt das Bild von ge-stern, (schluckt) die Kontrolle, die Kon-trolle
auf meiner Seite, nicht bei meinem Vater! ... Und es ist, als wenn die Kon-trolle
sich dahin ziehen lassen will. Wenn ich nicht aufpasse, dann ist sie schwupps,
ist sie bei ..., ist sie auf der anderen Seite und regiert alle Teile! Aber
noch ist sie bei mir. Nicht bei mir, auf der anderen Seite.
Th: Ja, schau mal, was aus deinem Paddel geworden ist.
Kl: Mein Paddel ist kleiner geworden (bestürzt), aber dafür hab ich
jetzt zwei (tiefes Seufzen) und ich weiß, daß, wenn ich jetzt an
an Land gehe, da ist ein Pflock, wo ich das Boot festbinden kann. Bei der Kontrolle,
da sind die ..., auf der Seite sind die sogenannten guten An-teile. Also, die
Anteile, wo ich ..., die ich kenne, die ich auch akzeptiere. Auch wenn ich sie
nicht alle integriere. Aber die dunklen Anteile sind da bei meinem Vater. Und
irgendwie weiß ich, daß, wenn ich die nicht rüber ziehen kann
zu mir, dann werden sie immer größer.
Th: Sag's ihnen schon mal direkt.
Kl: Also, ihr auf der anderen Seite, ich weiß, daß ich um euch kämpfen
muß. Ich brauche euch genauso wie die anderen Teile, aber ich brauche
euch nicht als Schuldgefühl, sondern als, ja, von dir, Wut, nur einen geringen
Teil. Den Teil, den ich zum normalen Leben brauche, der Rest ist total überflüssig,
aber den Teil brauche ich. Und du, Schuld, du bist eigentlich total überflüssig.
Ich brauche dich nicht, ich brauche dich nur, damit du verschwinden kannst.
Th: Was sagt die?
Kl: Ja, da blähst du dich auf, aber aufblähen nützt dir überhaupt
nichts, weil, aufblähen ist doch nur Luft.
Th: Also hast du den Aufblähcharakter von ihr erkannt.
Kl: Ja. Und da brauchst du, Vati, überhaupt nicht schützend den Arm
umzulegen. Weil, du bist auch total überflüssig mit deinen ganzen
Eigenheiten. - Die Frage des Therapeuten, was der Vater dazu meint, wird prompt
beantwortet.
Kl: Gemeinsam sind wir stark, sagst du mir!
Th: Ah ja, siehst du, hat er ihr seine Eigenarten aufgedrückt, um sich
stärker zu machen. So könnte man es auch sagen, vermutet er zumindest.
Kl: Nee, der meint überhaupt nicht mich! Der meint die Anteile, die er
auf seiner Seite hat. Was willst du überhaupt? Wir haben doch relativ viel
schon erkannt. -Der Therapeut fragt, wer das sagt. Sie antwortet, sie selbst
sagt ihm das.
Th: Ja, er scheint ja eine heftige Option in dir zu haben. Da ist ja eine Riesen-Spannung,
wenn er wie in einer anderen Welt auf der anderen Seite steht, dir gegenüber.
Das klingt ja schon fast ein bißchen nach Fighten. Er hat dich so ein
bißchen übernommen. Das ist ja schon heftig.
Kl: Ja, also ich geh jetzt einfach mal an Land. Und mit diesen komischen kleinen
Paddeln komme ich überhaupt nicht vorwärts. Da werd ich einfach mal
den Rest schwimmen.
Th: Oh, du weißt, was das symbolisch bedeutet? Du gibst dich voll hinein,
heißt das. Du kannst das! Nee, das ist ok, aber krieg es nur mit. Es ist
ja immer eine symbolische Ebene vorhanden. Du bist bereit, dich voll hinein
zu geben, naß zu werden, im wahrsten Sinne des Wortes, dich berühren
zu lassen, damit du an Land kommst und dort aufräumen kannst.
Kl: Ja, ja, ich bin jetzt also im Wasser, aber so ganz scheint das doch noch
nicht zu stimmen. Weil, ... da ist nämlich die Schnur von dem Boot, die
ich festbinden könnte, die schwimmt so im Mo-ment um meine Hände,
die kann ich ja ohne weiteres noch mitnehmen. Ich muß mich ja nicht ganz
schutzlos da hinein begeben. Also nehm ich jetzt diese Schnur (lacht) schon
mal so, und schon lacht mir die Sicherheit zu und fühlt sich irgendwie,
... ja, angenommen.
Th: Die ist auf deiner Seite, die arbeitet schon wieder mit dir.
Kl: Das ist gerade so in dem Moment, wo ich über Bord gesprungen bin, ist
die Sicherheit ganz klein geworden - ja - und traurig, und jetzt wird sie wieder
so groß wie alle anderen. Ja und jetzt bin ich am Strand, das Boot ist
fest gebunden, die Sonne macht mich wieder so ein bißchen warm, weil es
ist schon verdammt kalt im Wasser gewesen. - Sie soll es der Sonne sagen. -
Sonne, es ist gut, daß du mich wieder wärmst und wieder ein bißchen
aufheizt. (tiefes Luft holen) Und jetzt sind da auch wieder meine Anteile, wie
der Mut. Das geht da, also, es geht da also wie auf der linken Seite sind die
Helfer und auf der rechten Seite sind die, die sich irgendwie gespalten haben.
Und die sich da auch ganz wohl zu fühlen und die reagieren überhaupt
nicht auf ... auf das Winken der anderen oder ... und die andere, also die helfende
Gruppe, das ist eine richtig große Masse und das ist wie so, wie so Stehaufmännchen,
die ... die springen einfach mal in die Luft, daß ich die einzelnen Teile
erkennen kann, wie z.B. den Mut, der lacht mir zu. Die Entschlossenheit, wie
als wenn die auf so einem Flummi stehen und und immer so in die Luft springen,
daß ich seh, die sind da. Ja und jetzt ist da also zwischen mir und der
dunklen Gruppe, da ist, da komm ich nicht hin, da ist wie so ein Schirm, so´n
unsichtbarer ...
Th: Dann fordere mal ein, wer ihn hält oder wer ihn aufgespannt hat, das
muß ja bearbeitet werden, das muß ja! Du willst dich ja auseinander
setzen, nicht wahr? Das ist ja deine Grundhaltung, also muß der Schirm
weg. Frag was sinnvoller wär, verändere ihn jetzt!
Kl: Da ist die Vorsicht!
Th: Ah ja, die ist es!
Kl: Ja, Vorsicht, ich versteh dich ja, daß du das aufgespannt hast, daß
du mich schützen willst. Aber mehr kannst du mir helfen, wenn du dich für
einen Augen-blick zurück nimmst und dich nicht versuchst, in den Vordergrund
zu stellen. Ich weiß, daß du da bist, und ich weiß, was du
mir vermitteln willst. Ist das in Ordnung? Der Schirm ist weg!
Th: Ah ja, das war deine Angst auch, dich aufzulösen, ja?
Kl: Tja und jetzt steh ich da. Und weiß aber gar nicht, was ich tun soll.
Th: Na, dann schau mal, was das Leben dir anbietet, was passiert.
Kl: Tja, die stehen da und haben sich zu einer Einheit verbündet. Ja, und
grinsen mich an, ganz schön, ja, wie ... überheblich? Zynisch? Nee,
überheblich. Als wenn ihr mir sagen wolltet, ach, du kannst ..., du kannst
uns doch gar nichts! Was willst du eigentlich! Doch, ich kann!
Th: Aber du kannst ihnen schon mal ei-nen Hinweis geben, daß du so was
wie die oberste Instanz bist, oder die Herrin oder so was.
Kl: Also, ich sag euch jetzt mal eins, es ist klar, ihr seid groß geworden,
ich hab das zugelassen. Das ist ganz klar. Sonst wärt ihr überhaupt
nicht da, aber hier bin ich der Boß (sehr fest sprechend) und was immer
ich will, da werdet ihr euch im Endeffekt fügen müssen, ob ihr das
wollt oder nicht, und ihr könnt das akzeptieren. - Pause - Der Therapeut
schlägt vor, daß sie beispielsweise den Finger heben sollen, damit
sie es kontrollieren kann, ob sie es tun. Die Klientin nimmt den Vorschlag an
und zeigt mehrere Möglich-keiten auf. Sie will abstimmen lassen, zu welcher
der Möglichkeiten sich die An-teile entscheiden wollen. - Gleich von vorne
rein, weglaufen gilt nicht! Ihr könnt mich als Boß akzeptieren, dann
hebt die Hand hoch. Ihr könnt versuchen, dagegen an zu kämpfen, oder
es gibt da denn natürlich auch noch ... (empört!) mich ignorieren?
Nee, das behalt man schön für dich! Das geht überhaupt nicht!
Das ist ja das gleiche wie weglaufen. Das gilt nicht. Hier wird gearbeitet.
Und ihr könnt es einfach haben, oder ihr könnt es schwer haben. Was
wollt ihr, hm? (Sie schmunzelt entspannt) Also, ja also, sagen wir mal so, ihr
habt euch zu einer Einheit verschweißt, und da geht es nicht, daß
der eine die Hand hebt und der andere den Kopf schüttelt. Ihr müßt
euch schon entscheiden.
Th: Oh, es ist ein Kollektiv!
Kl: Tja, weil sonst seid ihr ja überhaupt keine Einheit. Ich werd euch
was sagen: Wenn ihr so verbunden bleibt, das ist vielleicht gar nicht so verkehrt,
dann haben wir nämlich nur ein Problem. Tja, jetzt passiert was ganz Eigenartiges.
Ihr wollt mir meine Entschlossenheit wegnehmen!
Th: Oh ... das ist auch ganz geschickt! Wenn sie den einen Anteil rüber
ziehen, dann funktioniert es wahrscheinlich nicht, ne? Dann ist es zwar die
Idee jetzt, aber morgen ist sie weg.
Kl: ... und die Entschlossenheit löst sich aus meiner Gruppe! Aber meine
Gruppe umfängt sie, und sie ist wieder in der Mitte. Also bildet euch nicht
ein, daß ihr da noch Leute auf eure Seite ziehen könnt. Das gilt
nicht. Und ich sag euch noch was, alle die, die auf der hellen Seite sind, die
geben mir zwar Unter-stützung, aber es ist mein Wille, und schon springt
der Wille hoch. Es ist mein Wille, das jetzt zu klären.
Th: Wie sind denn so die Gegenkräfte? Ist das so halb und halb, so in einem
Gleichgewicht?
Kl: Ja, hmhm, da ist kein Gleichgewicht. Die Gegenkräfte, ...da auf meiner
Seite ist viel, viel mehr Energie. Das auf der anderen Seite, das ist nur ‘ne
Hand voll, während auf meiner Seite ... ja, da steht jetzt plötzlich,
wo ich's sage ... ein gan-zes Volk.
Th: Also haben die anderen keine Chancen. - Die Klientin verneint. - Das sehen
sie ja praktisch.
Kl: Wenn ihr das nicht einseht, dann werdet ihr schlichtweg überrannt.
Ja und jetzt kommt halt noch mal ... Sie pusten sich auf und werden (lacht)
riesig groß jetzt.
Th: Sie müssen aufpassen, wenn sie sich so aufpusten, daß sie nicht
platzen, oder?
Kl: Jaaa, sie platzen nicht, sie fangen an, zu schweben.
Th: (lacht) ...wie abgehoben.
Kl: Aber hört mal zu, da muß ich euch ein bißchen Luft ablassen,
weil sonst entschwebt ihr mir, das ist auch ein Flüchten.
Th: Ja ja, jeder Trick ... was macht denn dein Papa?
Kl: Ja, der ist genau in der Mitte. Au weh, mein Auge, das zuckt plötzlich
so fürchterlich. Der ist in der Mitte und hat sie alle umfaßt, sozusagen.
Th: Der ist das Hauptthema. Eindeutig, entschweben. Frag mal dein Auge, was
da los ist, warum es zuckt.
Kl: Auge, warum zuckst du jetzt? Nervosität.
Th: Na gut, du hast eine riesige Energie auf deiner Seite, das ist ja eine hohe
Souveränität.
Kl: Das ist ja gerade, als sollte ich es nur erkennen. Ok, Nervosität,
es ist kein Problem, es ist normal. Wenn man nicht nervös ist oder nicht
ein bißchen angespannt, dann ist man auch nicht berührt. Also, du
darfst ruhig bleiben. Du wirst sehen, die Sicherheit wird kommen und dich beschützen,
und schwupp, ist sie da. Ah, das ist toll, wie das funktioniert. So, ich habe
jetzt da ... ihr, meine abhebende Gruppe, ... hab ich einfach so’n, wie
soll ich sagen, so’n Anker zugeworfen. Weißt du, in dem Dornröschenspiel,
da hab ich über der Schulter einen Köcher mit Pfeil und Bogen gehabt,
um über den Fluß zu kommen. Und am Pfeil war ein Seil dran, wo ich
mich rüberhangeln konnte, so’n Pfeil oder Anker hab ich jetzt dahin
geworfen, und schon können sie nicht wegschweben, weil das Seil ist festgebunden,
auch an so einem Pflock wie das Boot. Ja, und das sehen sie jetzt auch ein und
kommen wieder runter. Ja, wir sind immer noch nicht weiter. Ich verlange jetzt
von euch eine Entscheidung. Gebt mir ein Zeichen! Akzeptiert ihr mich als Boß?
Das ist kein Ja und kein Nein. Das ist, wie die Inder mit dem Kopf wackeln,
wenn sie irgendwas...hm, sich nicht festlegen. Ja, aber bei denen ist das komisch,
da bedeutet das ein Ja. Aber die Interpretation ist halt schwierig für
uns westliche Leute. Ich möchte ein ganz eindeutiges Kopf-nicken, Kopfschütteln
oder die Hand he-ben. So, und da kommen jetzt die Hände und das bedeutet,
ihr akzeptiert mich als Boß. Und was versteht ihr darunter? -Pause - Entscheidungen.
Sie haben andere, eigene Entscheidungen oder Meinungen, die sie durchsetzen
wollen.
Th: Also das heißt, sie akzeptieren dich als Boß, aber sie halten
nicht sehr viel von dir.
Kl: Ist das so richtig? ...‘ehm, mit einem jein kann ich auch nichts anfangen.
Also, in welchem Teil ist das richtig? Es ist in Teilen richtig, also, daß
sie mich nicht ernst nehmen. - Der Therapeut fragt, ob in allen Bereichen. -
In vielen Bereichen schon, aber in allen nicht. Und das sind eben so die Bereiche,
wo ich uneins bin.
Th: Ja, das merken die doch.
Kl: Ja und da werdet ihr stark! Ok, dann werde ich jetzt einfach ein paar Aspekte
geben, nee, ein paar Regeln aufstellen, und nach diesen Regeln habt ihr euch
zu richten in der Zukunft. Also: ich bin hier der Boß, da gibt’s
kein Wenn und Aber. Und: (lächelnd) Es muß nicht sein, daß
der Boß immer Recht hat. - Der Therapeut pflichtet wieder bei. - Aber,
wenn ich nicht im Recht bin, könnt ihr ein Veto einlegen. Aber im Endeffekt
müßt ihr mir das zulassen, daß ich auch mal im Unrecht sein
darf. - Der Therapeut betont, auch durch Unrecht lernt man. - Genau, und außerdem,
wenn ihr Ideen habt, dürft ihr sie mir vermitteln, aber nicht selbständig
handeln, ... ohne mein Einverständnis.
Th: Ja, klingt gut. Guck mal, ob sie das akzeptieren alle. - Die Klientin fragt
nach der Akzeptanz und bittet um Kopfnicken oder Kopfschütteln.
Kl: (ganz fassungslos) So, und jetzt schütteln sie mit dem Kopf. Das geht
aber nicht! - Lachend meint der Thera-peut, jetzt hätte sie ein Problem
und betont, das diese Anteile ehrlich seien. Er fragt, was sie denn nun machen
will, die nehmen sie ja nicht ernst. - Ja, jetzt hab ich ein Problem. Ja, sind
wir hier im Kabarett?? Ja! - Der Therapeut stellt fest, daß das Leben
wahrscheinlich wohl bis hierher ein Kabarett war, die mußten ja nichts
tun. - Nehme ich mich überhaupt selbst ernst? - Der Therapeut be-stätigt,
daß es wohl so ein Anteil sein muß. - Tja, und der hüpft jetzt.
- Die Klientin reagiert entrüstet. - Der Anteil, er ist auf der anderen
Seite. Er hat sich bislang hinter dem Rücken versteckt. Der hüpft
jetzt hoch und meldet sich.
Th: So nach: mach du mal was Ernst-haftes! Das ist mir alles Wurst, denn du
kriegst mich ja eh nicht, so ungefähr? Ist ja alles nur ein Witz? Der ist
auf der anderen Seite?
Kl: Ja, aber der springt frei rum, der ist da nicht integriert. Der ist gerade
so, als spielt der Verstecken. - Pause - Aber wenn du los bist, dann hab ich
auch eine Chance, daß du rüberkommst zu mir. -Der Terapeut gibt zu
bedenken, daß er dann aber auch jederzeit wieder den Platz wechseln könnte,
daß das dann sehr schwer sei. - Ja, ja, aber vielleicht brauche ich den
nur in meine Gruppe zu integrieren, weil das ist ja schon eine ziemlich starke
Gruppe. - Sie soll ihn einfach mal fragen, ob er Lust darauf hat, was für
ein Angebot er bräuchte, oder ob er drüben bleiben will. - Also, ja,
... wie nenn ich dich denn überhaupt? - Der Therapeut vermutet, daß
der Typ mitkriegt, daß das alles ein Witz, ein Gag ist, aber vielleicht
auch ein Spiel, daß ihm das dann vielleicht auch etwas Ernsthaftigkeit
gibt.
Th: ... weil der weiß ja, glaube ich, möglicherweise nicht, was für
Auswirkungen das hat. Oder er läßt sich nicht so richtig ein, weil
das alles so heftig sein wird.
Kl: Sag mal, erzähl doch mal, ich kann dich nicht so richtig einordnen.
Wer bist du überhaupt? Komm doch einfach mal hier vor, daß ich dich
ganz sehen kann und nicht immer nur, wie so’n Flummi, auf und nieder.
Ja, jetzt wächst du auch. Sag mir doch einfach mal, wer du bist. Hmhm,
also du bist der Anteil in mir, der immer nicht ernst genommen wird. Hast du
einen Namen? Ach, du hast nicht mal einen Namen, und du möchtest gern einen
Namen haben. Das ist irgendwie ganz toll. Ja, dem können wir ja abhelfen.
- Der Therapeut fragt, ob er gerade eine Identität bekommen hat. Sie soll
ihn mal fragen, in welchem Alter er entstanden ist und wo er eigentlich hingehört.
- Sag mir doch, wann bist du entstanden? Oh, das ist aber ganz schön alt.
Als ich acht war. Und so hast du dich immer schön versteckt, daß
ich dich gar nicht sehe.
Th: Das heißt, in dem Alter mußt du irgendwie nicht ernst genommen
worden sein, und der Anteil hat das repariert, damit gespielt oder gemanagt
oder sowas, - Die Klientin bejaht. - keine Identität gefunden, nicht akzeptiert.
Kl: Ja, jetzt zuckt mein Auge auch wieder.
Th: Ah ja, gut, dann wär’s halt eine Frage, ob du ihn annehmen willst
so, ... heute, vielleicht hat er Lust darauf, vielleicht will er ja dich als
Boß oder als Mama oder wie auch immer, als Partner oder wie.
Kl: Ok, also wenn wir dir jetzt einen Namen geben, meinst du, das ist es, was
dir fehlt, um dich bei mir zu integrieren? Und dann nickst du. Ja, das ist es.
Ok, dann müssen wir also jetzt einen Namen suchen, hm, (überlegend)
das ist nicht leicht. - Der Therapeut schlägt vor, daß er selbst
doch mal einen Namen vorschlagen soll. Wie würde er denn gern heißen?
Unter Lachen stellt die Klientin fest, er würde gern „Krimi”
heißen. - Ok, aber irgendwie müssen wir das jetzt festhalten, damit
du mir nicht mehr untergehst. Mit ... mit irgendeiner, ja irgendeiner Handlung.
Das einfachste wäre natürlich taufen, aber mit Taufen, das ist schon
alles so ein bißchen, das gefällt mir nicht. Wie wär’s,
wenn wir da mit Farben machen. Ok und was, ... was für eine Farbe würde
dir da gefallen? Damit du so groß wirst wie alle anderen! Rosa! (Seufzen).
... Jetzt strahlt die Sonne in einem rosafarbenem Licht. Aber dieser Lichtstrahl,
der kommt jetzt eigentlich nur auf dich. Ich möchte eigentlich auch etwas
abhaben. (tiefes Atmen, sie ist sehr bewegt)
Th: Ja, Spür mal, was bewegt dich dabei?
Kl: Also, es, als wenn aus diesem Anteil, der da noch aussah wie ein 8jähriges
Kind in Nullkommanichts ein Erwachse-ner wurde, der aus allen Poren rosa strahlt
und dann auf mich zugekommen ist, und irgendwie in mir verschwunden ist und
mich jetzt total ausfüllt, (immer noch sehr bewegt) mit Figur, mit Farbe,
mit Allem (tiefes Atmen, stilles Weinen).
Th: Irgend etwas ist nach Hause gekommen, wenn du so willst.
Kl: Da ist noch viel mehr, dieses Licht, meine Gruppe ... Meine Gruppe kommt
und umschließt uns, und der Lichtstrahl, der umfaßt die ganze Gruppe,
und sie stehen im Ring um mich, mit den Gesichtern zu mir (stark betroffen).
Ich stehe mitten drin und diese kleinen Menschen, sie wachsen. Und jetzt kommt
ihr immer dichter, und einer nach dem andern schaut mich an, umfaßt mich,
(heftige Gefühle) und kommt in mich rein (geflüstert, weinend, aufwühlend)
- Pause - Ich spür meinen Körper gar nicht mehr. Es ist, als wenn
ich ganz groß bin, wie eine Matrone, als wenn ich dick und breit ...
Th: Sprich doch mal deinen Körper an.
Kl: Körper, du, wie du hier liegst, spür ich dich genau, die Hände,
wie sie kribbeln. Wie das Kribbeln durch meinen ganzen Körper geht, wie
das in ein Vibrieren sich wandelt. Ja, aber es ist, als wenn du nur der Körper
bist, und das am Strand ohne körperliche Empfindungen. Am Strand bin ich
als Person, aber dich seh ich hier auf der Matte liegen und da ist alles nur
so eine Figur, bis auf ..., bis auf die dunkle Seite. Aber es ist alles rosa.
(schluckt) Wie so eine russische Figur. Ich bin die äußere Hülle
und alle sind, sind in tausend kleinere Hüllen alle in mir vereint. Und
als wenn das rosane Licht nicht mehr von außen kommt, sondern aus dieser
kleinsten innersten Zelle, die alle anderen Hüllen durchströmt bis
nach außen. Und, oh, das ist ..., und dadurch, daß ihr jetzt alle
drin seid, bin ich so irre groß geworden, daß der Körper selbst
gar nicht ausreicht. Und mein Kopf, der ist ganz oben, ... mein Kopf? Meine
Augen sind ganz oben, hoch über dem Strand und gucken herunter und sehen
den Strand eigentlich nur noch aus der Ferne. Und dieser dunkle Punkt, der da
in der Mitte so dunkel und an den Seiten mehr grau, der ist so klein geworden.
Und trotzdem, trotzdem drückt er da wie so einen Delle in den Farbmantel.
Ja und schon bin ich wieder in Normalgröße, der Farbmantel ist weg.
Da ist auch keine große Gruppe mehr, sondern nur noch ich. Also dieser
große Farbmantel ist weg, aber meine Haut, die schimmert rosa, wie so’n
...., wie so’n Schutz noch. Und an der Stelle, wo ich aus der Höhe
diese Delle gesehen habe, euch gegenüber, da leuchtet mein Rosa jetzt viel
stärker, wie als Reparatur! (ziemlich er-staunt) Ja, jetzt werdet ihr auch
wieder groß, also ... (Atmen) Tja, dann wollen wir mal ... Also, mit diesem
hin und Her und nicht Ernstnehmen, ist nun ein Ende. Ich verlange von euch jetzt
eine Entscheidung! - Der Therapeut bekräftigt. - Bin ich als Boß
akzeptabel? Und wenn ich nicht als Boß akzeptabel bin, was fehlt euch
an mir? Was braucht ihr, um mich zu akzeptieren, um mich als Boß anzusehen.
Ohne irgendwelche Einschränkungen. ... Ach! (erstaunt) Das ist ja eigenartig!
Eine Antwort ist das zwar nicht, aber ..., also das Bild, was da gegenüber
steht, ... da löst sich das Schuld. Der Schuldaspekt, der löst sich
von meinem Vater!
Th: Oh hmhm, was ist passiert? - Pause - Na, frag ihn doch!
Kl: Sag mir, was ist da passiert? Was veranlaßt dich, da diese Lösung
anzustreben. Ich sehe, mein Vater hält dich ja nun schon noch fest, aber
du strebst weg da. Hm, es ist, du willst mir also sagen, ich habe dich das erste
mal in meinem Leben wirklich wahrgenommen. Du treibst schon so lange deine Spielchen,
damit ich dich wahrnehme. Und jetzt, wo du das Licht gesehen hast, hast du Hoffnung,
(Seufzen) daß du auch deine graue Farbe los wirst, daß du dich auflösen
darfst. (weint) Du bist ein Teil, der eigentlich gar nicht existieren dürfte,
und du bist nur aus der Notwendigkeit heraus geboren und darfst sterben, wenn
du deine Aufgabe erfüllt hast. Wenn man es von dieser Seite aus betrachtet,
warum hab ich dich dann als Bedrohung angesehen? (beruhigt sich wieder) Es ist
toll. Also, du willst mir sagen, daß Schuld und Schuldgefühl und
Schuldaspekt, alles, was mit diesem Namen zusammenhängt, nur dein 2. Name
ist, und daß du normalerweise überhaupt nicht zu mir gehörst,
daß du mir nur helfen willst. Du bist ein Helfer und du hast diesen Namen
angenommen, damit ich erkenne, und hast mich dahin geführt, was dich auflöst,
und deswegen hast du dich verbunden. Und schwupp, ist er weit weg von meinem
Vater und kriegt von ganz allein Farbe. Das Graue ist weg! (wieder tiefes Atmen)
Aber es wird keine rosa Farbe, er kriegt eher eine lebendige Farbe, gelb, bunt,
eh, das geht von ganz allein!
Th: Schau auf deinen Vater, schau mal hin.
Kl: Mein Vater, er versucht, hinterher zu rennen, aber er hat ja noch Ballast
im anderen Arm. Ja und jetzt passiert was ganz Komisches. So, wie das mir der
Schuld passiert ist, so passiert das jetzt auf der anderen Seite. Diese Anteile,
die so alle farblos, so grau in grau waren, die fangen jetzt an, sich von der
Figur, von der Person Vater zu lösen, und mein Vater versucht noch ...
Du versuchst noch, dich aufzuplustern. Du hast die alle aufgeplustert! Das,
sieh doch ein, das hilft dir nicht viel. Das hilft dir überhaupt nichts,
du solltest dich einfach mir stellen. Wenn du das einsiehst, dann kannst du
die auch loslassen. Alle Anteile, die da noch sind an dir. Das ist ja nur, ...
du brauchst die, um überhaupt leben zu können. Und schwupp, sind die
anderen Anteile auch los. - Harmonische Musik wird erst sehr dezent und leise,
dann etwas lauter eingespielt. Die Klientin seufzt. - Also, es ist eine ganze
Menge passiert. Ihr Anteile, habt euch auch gelöst und steht jetzt in einer
Gruppe, separat, noch farblos, wie abwartend. Der einzige Anteil, der relativ
festgehalten werden konnte, von dir, Vati, das war der Wutanteil. Aber auch
dieser hat sich gelöst, und es ist, als wenn dieser Anteil jetzt ganz alleine
dasteht und nicht weiß, wo er hingehört. Und irgendwie ist da eine
Trauer drin, aber auch eine Sehn-sucht. Der Schuldanteil, der ist ganz klein
geworden und zu einer ..., zu einem rosa Lichtpunkt, hat sich von einer Wolke
aufnehmen lassen und schwebt jetzt über dem Strand. Er ist nicht verschwunden,
sondern nur, er hat mir gesagt, er löst sich auf, wenn ich weitergehe,
aber solange hält er sich im Hintergrund. Die Gruppe, die dunkle Gruppe
steht abseits und hält sich zurück. Vor mir steht mein Vater, trotzig,
mit vorgeschobenem Kinn. Und rechts von, ... zwischen ihm und der Gruppe steht
irgendwie die Wut. Aber, ich weiß, daß der Name Wut ist, aber es
ist irgendwie ein Aspekt von, ja, Trauer, ...Sehnsucht, von ... auch Liebe,
von allen Aspekten eigentlich, die in mir sind. Es ist gerade so, als senden
alle Aspekte so’n kleinen Funken zu dieser Figur. Aber es passiert irgendwie,
die wird immer trauriger ..., aber sie kann sich nicht entscheiden, auf die
andere Seite zu kommen. - Musik wird wieder leise eingespielt. - Und mein Vater,
ja, irgendwie sieht er schon mitleiderregend jetzt aus. Vati, du siehst mitleiderregend
aus. Aber trotzdem, glaube ich, du präsentierst dich mir jetzt so, damit
ich nicht auf die Idee komme, die Wut auf meine Seite zu ziehen. Weißt
du, ich will dir mal was sagen, die Wut gehört ja zu mir, und die gehört
ja nicht zu dir, die gehört zu mir!! (sehr energisch) Und auch, wenn die
im Moment nicht bei mir ist, sie ist ein Teil von mir, und da kannst du noch
so gegen anstinken, mit deinem Outfit und deinem Gehabe und Gemache. Ja, im
Endeffekt forderst du damit die Wut ja nur heraus. Schau mal, meine Anteile,
die spielen so gut mit, daß sich mein Mitempfinden mit dir ganz klein
macht, ... und freiwillig ganz klein macht. Nicht, daß ich es niederdrücke,
... daß ich es nicht sehen will. Es spielt mit, wie ein Musikstück.
Guck dir doch an, wie meine Anteile durch mein, ... durch jede meiner Poren
Lichtblitze aussenden in Richtung Wut. Aber keine negativen, abwehrenden Blitze,
sondern wie Anker, um die Wut ranzuziehen, siehst du das nicht? Im Grunde genommen,
der simpelste Weg ist, daß du aufgibst. Du siehst doch, wie stark wir
sind.
Th: Er müßte dich anerkennen!
Kl: Ja, du mußt mich anerkennen. Wenn du mich anerkennst, dann steht dem
eigentlich nichts mehr im Wege, daß du auch auf die Seite kommen kannst.
Th: Wenn er für dich ist!!
Kl: (atmet tief ein) Und jetzt krieg ich auch noch Applaus von der dunklen Gruppe,
von der farblosen Gruppe. Die ist ja nicht mehr dunkel, aber farblos. Schau
mal, die geben dir den Applaus und feuern dich an, aufzugeben. Selbst die Wut
schaut dich bittend an. Es ist grade so, als will sie gar nicht wachsen. Berührt
dich das nicht irgendwie? Was ist es denn, was du unbedingt in deinem eigenen
Kopf haben mußt? Diese ganze Scheiß Vergangenheit? Das ist doch
eigentlich alles vorbei. Wir haben alles erkannt, was muß denn da noch
bearbeitet werden? Sag mal, kannst du eigentlich auch reden? Sonst hast du doch
so eine große Klappe, und was für ein Organ! Ich find das irgendwie
nicht fair. Du läßt mich hier einfach so im Regen stehen. - Der Therapeut
schlägt vor, der Vater sollte mal ein Angebot machen, vielleicht hätte
er ja einen Vorschlag, wie es gehen könnte. Die Klientin betont, daß
es sinnlos sei, so weiter zumachen, denn dann wären sie nach 10 Session
immer noch nicht weiter, was nicht nur ein ganzes Vermögen, sondern auch
noch viel Zeit kosten würde. Sie redet auf ihn ein, aber außer einem
Schulterzucken kommt nichts dabei raus.
Th: Na, er könnte dann systematisch mit dir alles aufarbeiten, und alles
durch gucken. Und überall gucken, wo noch was hängt, wo er noch was
zu sagen hat, wo du noch was zu sagen hast. Und das könnte zu dem Ergebnis
führen, daß er dich dann akzeptiert und anerkennt. Vielleicht wäre
das ja eine Basis, so eine gemeinsame Aufarbeitungsreise. Weil, es ist natürlich
schon leicht gesagt, die Vergangenheit haben wir bearbeitet! Vielleicht hängt
ja an vielen Stellen noch was ganz konkret. Also was ganz Konstruktives: will
er mithelfen, dir deine Freiheit zu ermöglichen von ihm, das heißt
es ja auch.
Kl: Ja, also Vati, als ganz konkrete Frage erwarte ich jetzt von dir eine ganz
konkrete Antwort: Bist du bereit, mir zu helfen, auf dem Weg in die Freiheit?
Bist du bereit, mich zu unterstützen? In Form von einer Bearbeitungsreise
oder in welcher Form auch immer. Bist du bereit? Ja, er ist bereit.
Th: Und dann ist er bereit, alles loszulassen, aufzulösen? - Die Klientin
fragt ihn auch dieses und stellt fest, ja, er sei bereit dazu, damit ihrer Freiheit
nichts mehr im Wege steht. Therapeut und Klientin stellen fest, das ist die
Basis. Die Klientin soll sich die anderen Anteile noch mal anschauen, wie sie
reagieren. Sie freut sich über deren Applaus und sieht, daß die Farblosigkeit
mehr weggeht. Sie sind zwar noch nicht bunt, aber auch nicht mehr so farblos.
Da die Anteile ja genau wissen, um was es hier geht, soll sie sie fragen, ob
sie denn bunt werden würden, nachdem die Reise dann beendet sein wird.
Kl: Also, ihr alle wißt, um was es geht und ich frage euch jetzt, wenn
dieses Thema mit Vati angegangen, abgeschlossen ist, seid ihr bereit, die Farben
anzunehmen, die euch zustehen? Die Größe anzunehmen, die euch zusteht?
Da kommt jetzt einstimmig mehr oder weniger kräftig, dann gibt es keinen
Grund mehr.
Th: Genau, das ist nämlich auch mein Verdacht, die sind deshalb noch so
blaß, weil der Hintergrund noch so blaß ist. Der ist noch nicht
lebendig. Wenn wir ihn aufarbeiten, wird er ja wieder lebendig, dann gibt es
keinen Grund mehr, daß sie nicht farbig sind. Das ist auch der Beweis
dafür, daß du es noch mal machen mußt, diese Zeitreise, diese
Aufarbeitungs-reise, damit die Lebendigkeit wieder drin festgehalten ist, frei
wird. - Die Klientin fragt, wie so etwas aussieht. - Dein Papa weiß ja,
wo irgendwo was hängt, der wird wahrscheinlich ganz schuldbewußt
zu Boden gucken und die ganze Situation durcharbeiten, der weiß schon,
an welchen Stellen was hängt. Das ist eben der Papa, der hat alles miterlebt,
geprägt. Frag ihn mal, ob das stimmt, dann soll mit dem Kopf nicken, wenn
es stimmt. Wenn es nicht stimmt, mit dem Kopf schütteln.
Kl: Nein, ich möchte eine eindeutige Ant-wort, nur auf den Boden schauen
gilt nicht. - Der Therapeut lacht. - Er guckt ganz schuldbewußt auf den
Boden. Ja, es stimmt.
Th: Wie ist es denn für dich? Du bist dabei, mit deinem Vater eine Aufarbei-tungsreise
zu machen, alles neu zu ordnen. Welches Gefühl hast du dazu? Wie geht es
dir damit?
Kl: Ja, es ist wie eine Erleichterung. - Die Klientin soll es ihm sagen und
sie tut es. Musik wird eingespielt. - Jetzt schaust du mich an, und irgendwie
seh ich sogar einen Hoffnungsschimmer.
Th: In seinem Gesicht? - Die Klientin bestätigt. - Das heißt, er
möchte auch erlöst werden, heißt das eigentlich auch. - Sie
fragt ihren Vater, ob das stimmt, und er übermittelt ein Ja. - Das heißt,
er möchte seine Tochter ja eigentlich auch lieben, statt zu kämpfen.
- ja - Er hat auch Sehnsucht danach, - ja - nach einer Verbindung mit dir. -
Musik laut, Pause - Was passiert mit euch beiden?
Kl: Es ist, als wenn du dich in dein Schicksal fügst und weißt, es
gibt sowieso keinen Weg mehr dran vorbei. Es ist nur noch irgendwie eine Taktik,
hinzuhalten, das Ganze noch nicht gleich anzugehen, aber das Wissen ist in dir,
daß es dicht vorm ..., ja dicht, fast schon ein Sprung ins kalte Wasser
ist. Das Wissen, daß es nur noch ein letztes Atemholen gibt, und dann
geht es zur Arbeit hin. -Pause - Ja, wir sind alle wieder auf dem Wasser, in
Booten, und zwar hab ich mein Boot mit riesigen Paddeln, an meinem Boot hängt
ein mittleres Boot, ohne Paddel, das ist festgebunden und da ist meine Strandgruppe,
die farblose Strandgruppe sitzt da drin, voller Hoff-nung, aber auch voller
Ohnmacht, selbst nichts tun zu können, und an dem Boot hängt ein ganz
kleines Boot und da sitzt mein Vater drin, und eigenartiger weise ist das Wasser
ruhig, aber es ist nicht windstill. Ich bekomme Rückenwind, das 2. Boot
bekommt gar keinen Wind, und das kleine Boot bekommt Gegenwind. -Der Therapeut
lacht. - Und mein Vater, der hat ja auch nur ganz kleine Paddel. Er ist festgebunden.
Eigentlich könnte er wissen, daß er nicht verloren geht. Aber er
muß ganz schön kämpfen, daß er gegen den Wind ankommt,
daß er den Anschluß nicht verliert.
Th: Ja, ja, kannst du zu diesem Symbolbild JA sagen? - Klientin bejaht. - Tja,
da ist ein ganz schöner Zwischenschritt heute, ein ganz schöner Anlauf,
wenn du so willst.
Kl: Mein rechter Arm tut mir weh. - Sie soll ihn fragen, was er machen möchte,
was er sagen möchte. - Arm, was willst du mir sagen? Es ist, als wenn der
obere Knochen weh tut. Als wenn in dem Knochen ein Schmerz aufsteigt ... - Dennoch
kann sie nichts tun, sie trifft eine Vereinbarung, in der nächsten Session
da weiter zumachen.
In der anschließenden Ruhephase sieht die Klientin, wie der Anteil
der Wut wie besessen hinter den Booten hinterher schwimmt. Er hatte keinen Platz
in diesen drei Booten bekommen und kam sich vor, als sei er vergessen worden,
wollte jedoch auch dazu gehören.