Augen und Vater (138)

Die Klientin braucht seit ihrem zehnten Lebensjahr eine Brille, da sie offenbar mit sich verschlechternder Tendenz sowohl kurz- wie weitsichtig ist. Dieses Problem will sie in dieser Session angehen.


Kl: ... Was mich wundert ist, dass mir gar nicht mehr der Rücken weh tut und die rechte Nierenseite, sondern dass ich Kopfschmerzen habe, meine Füsse wieder so schwer sind ...
Th: Ja, dann sag doch mal deinen Kopf-schmerzen oder deinen Füssen, sie sollen sich umsetzten und dir etwas Wich-tiges zeigen. Schau mal, was da auftaucht ...
Kl: Kopfschmerzen, was wollt ihr mir zeigen, was symbolisiert ihr? - längere Pause - Ich denke, dass ich vielleicht ein Brett vorm Kopf habe.
Th: Ach, dann nimm es doch einfach symbolisch mal ab: stell dir vor, du greifst es mit deinen Händen und hebst es einfach runter und legst es nach vorne ab, so dass du dann etwas sehen kannst. Sehen ist ja auch dein jetztiges Thema.
Kl: Ich kann es nicht wegnehmen, weil meine Füsse und Hände gelähmt sind. Ich kann mich gar nicht bewegen.
Th: Oh ja! ... Schau dich einmal von aussen an!
Kl: Na, da ist so ein Nagel am Kopf. Ein Brett mit einem dicken Nagel darauf.
Th: Das sieht ja so aus, als kämen die Kopfschmerzen direkt von dem Nagel ...
Kl: Ja, der Nagel ist ja direkt hier vorne drin.
Th: Du hast jetzt zwei Möglichkeiten, ihn entweder direkt anzusprechen: Nagel, was symbolisierst du? Oder probiere doch einfach mal, auf der Symbolebene ihn rauszuziehen.
Kl: - stöhnt und atmet tief - Es tut weh, wenn man daran ... ich habe jetzt versucht mit so einem Nagelzieher ihn herauszuziehen, aber das tut weh.
Th: Sag es mal dem Nagel ... oder dem Kopf.
Kl: Das tut jetzt mal ein bisschen weh, bis der Nagel ganz draussen ist ... und dann ist er weg! Das muss man jetzt mal ertragen.
Th: Oder der Nagel soll dir mal einen Hinweis geben, wer ihn dir da reingerammt hat. Er soll dir mal ein Ereignis zeigen.
Kl: - gequält - Ja, Nagel, gib doch mal einen Hinweis, wer das gemacht hat. Wer da den Nagel hingehauen und das Brett festgenagelt hat vor meinem Kopf. - längere Pause - Wer hat mir dieses Brett vor den Kopf genagelt?
Th: Genau, der soll auftauchen, jetzt!
Kl: - laut, ungeduldig aber fast weinerlich - Komm jetzt her!
Th: Ja, lass es dir mal zeigen, das Brett soll mal mit dir dort hingehen.
Kl: Ja Brett, geh du doch mal dorthin und zeig es mir mal. Wo kommst du her, wer hat dich da vor meine Augen genagelt? - Ich will jetzt endlich wissen, woher das Brett kommt! ... und die Kopfschmerzen!
Th: Was passiert?
Kl: Es passiert gar nichts. Auf einmal tun die Beine weh ... die Füsse.
Th: Gut, die sollen sich mal umsetzen, dir etwas zeigen. Stell dir mal vor, sie würden irgendwohin laufen ... Wo laufen sie hin?
Kl: Es ist so, als seien sie wie an einem Kreuz festgenagelt gewesen, so ... an diesen Stellen tut es weh.
Th: Ja, schau es dir von aussen an!
Kl: Die können nichts sehen!
Th: Nimm mal den Satz: ich will nichts sehen!
Kl: - gequält - Ich will auch nichts sehen.
Th: Wiederhole ihn ein paar mal!
Kl: - schwach - Ich will nichts sehen ...
Th: Oder auch den Satz sich verändern lassen ...
Kl: - weint und atmet tief - Ich will es nicht sehen ...
Th: Ja ... dann erinnere dich mal, was du nicht sehen willst.
Kl: - weint stark, der Therapeut fordert sie auf zu beschreiben, was sie nicht sehen will - Will gar nichts mehr sehen. Nichts ... ich will das Leben nicht mehr sehen, ich will gar nichts mehr sehen. - weint verzweifelt - Niemanden und gar nichts!
Th: Schau mal, wie alt du jetzt bist, wo bist du? Was passiert? Schau einfach mal hin! Spür mal, wo du bist, wo dieser Satz herkommt.
Kl: - weint immer noch heftig - Ich bin klein und habe die Bettdecke über mir und ich will nichts mehr sehen. - stöhnt und weint - Da kommen jetzt auf einmal so viele Situationen ...
Th: Ja, nimm die wichtigste oder die erste!
Kl: Die erste ist mit meinem Vater, aber das haben wir ja doch schon gemacht.
Th: Das ist ok, schau wie die Situation jetzt kommt. Du kannst ihm ja auch sagen, dass wir das schon bearbeitet haben.
Kl: Du hast doch schon einmal bei mir im Herzen ... - unverständlich vor Weinen - Nein, nicht schon wieder!
Th: Frag ihn mal, was passiert ist ... was tut er dir an, schau mal hin! Beschreib es. Sprich ihn an.
Kl: - äusserst erregt und heftig weinend - Er sagt mir, er hätte gar nicht so Schlim-mes und Böses gemacht, es wäre nur ein Anker.
Th: Was war denn da so Schlimmes, Bö-ses geankert jetzt in dieser Situation? Er soll es dir zeigen.
Kl: - atmet und schwer und weint sehr stark, daher sehr undeutlich - Zeig es mir doch mal selbst, du wolltest doch helfen ... nun helf mir auch! - beruhigt sich etwas - Er sagt nur, dass ich zu sensibel bin. Ich würde das alles nur so tragisch nehmen, das wäre es aber gar nicht.
Th: Zeig ihm, wie es für dich ist!
Kl: Ja, das siehst du doch aber! Die Tränen haben dich nicht gerührt, nie! Du hast nur gedacht, dass sie nicht echt sind! Auch meine Kopfschmerzen waren für dich nicht echt!
Th: Schau mal, ob deine Kopfschmerzen auch heute noch damit zusammenhängen. Frag ihn mal, ob von ihm der Nagel ist!
Kl: - heftigst weinend - Ist das von dir, dass du da das Brett vorm Kopf gemacht hast? Hast du das gemacht?
Th: Er soll jetzt ehrlich sein, dann hat er wenigstens eine Chance, es wieder gutzumachen.
Kl: Er hat es gut gemeint, weil ich so sensibel bin. Ich hätte bei jeder Kleinig-keit geweint ...
Th: ... und das konnte er nicht ertragen, vielleicht ist er ja auch so sensibel und hat sich nur eine dicke Haut zugelegt. Frag ihn mal!
Kl: Warst du vielleicht zu sensibel? - Er wollte mir helfen, er meint es sei schlecht, wenn man zu sensibel ist. Dann käme man nicht durch’s Leben.
Th: Sag ihm: sensibel sein heisst aber auch: ganz offen sein, ganz empfindsam sein, alles wahrnehmen, ganz da sein. Und da hat er dir ein Brett vor den Kopf gehängt, damit du nicht immer alles wahrnimmst.
Kl: - weinend - Ich muss doch sensibel sein, vor allem als Kind!
Th: Ja, das ist ganz natürlich, vor allem als Kind.
Kl: Man kann nicht immer nur hart sein! - Der Therapeut fordert die Klientin auf, ihren Vater konkret zu fragen, ob er das Brett vor ihren Kopf gemacht hat. - Hast du das gemacht? - Es war ihm nicht bewusst, dass es ein Brett ist. Er wollte mich nur stark machen.
Th: Ja, zeig ihm den Nagel, der jetzt im Kopf sitzt! Der weh tut und dir heute Kopfschmerzen verursacht ... was deine Brille alles symbolisiert ... sag ihm das alles, er soll es sehen. Er hat es gut ge-meint, er soll aber mal sehen, was er damit hingekriegt hat.
Kl: Guck dir das hier jetzt mal an! Auch wenn du es gut gemeint hast. Ich war nun einmal ein Mädchen und kein Jun-ge!! Ausserdem soll ein Junge auch mal sensibel sein! - schluchzt - Scheiss harte Kerle! Guck es dir an! Es hat mich keinen Schritt vorwärts gebracht! Nichts! - Die Klientin wird aufgefordert, ihren Vater zu fragen, ob der hier aufgezeigte Bezug zu ihrer Brille und ihren Kopfschmerzen in dieser Form stimmt. Der Vater „nickt ganz betroffen.“ Die Klientin hat zwar Mitgefühl für den Vater, wirft ihm aber dennoch vor, was er in ihrem Leben verursacht hat. Daraufhin ‘verschwindet’ der Vater, d.h. die Klientin kann ihn nicht mehr sehen. Der Therapeut fordert nun die Klientin auf, ihn herbeizuholen, um jetzt die Chance einer Klärung sowie einer Wiedergutmachung zu nutzen.
Kl: - wider beruhigter und fester - Jetzt kannst du alles wieder gutmachen. Jetzt guck es dir an!
Th: Jetzt fordere ihn heran, jetzt ist seine Chance! - Die Klientin atmet schwer - Ja, was kommt hoch, spür das mal. Du würgst gerade - was kommt da hoch, zeig es ihm!
Kl: Alles, was ich mein Leben lang runtergeschluckt habe. - weint wieder heftig -Der Therapeut fordert sie auf, es ihm zu zeigen. - Ich hab da immer alles in mich reingeschluckt! Ich bin voll von solchem Mist! - Komm her! Ohje, das verkrafte ich nicht. - Der Therapeut fordert auf, auch das dem Vater zu zeigen und wie weh es ihr tut. - Guck dir das an hier! Spür dem mal nach! Mein Rücken, meine Beine, mein Kopf ... alles!
Th: Dein Rücken, um aufrecht zu stehen, deine Beine, um einfach vorwärts zu gehen ... deine Wahrnehmung ...
Kl: Au ... au! Wo bist du denn überhaupt? Au - stöhnt unter Weinkrämpfen - au! Komm jetzt her! - jetzt wieder ruhig und gefasst - Komm her! Ich will jetzt, dass du her kommst.
Th: Hol die Gestalt der Kerstin von vor ein paar Tagen her, die war ganz stark und toll da in ihrer Power! Sie soll dir helfen.
Kl: - ergreift den Schlagstock und schlägt und schreit - Du kommst jetzt her! - schlägt und schreit - Ich sehe ihn noch nicht, aber ich spür, dass er hier in der Nähe ist. - Aber jetzt kommst du hier her! Ich will dich sehen! Ich will dich sehen! - schlägt - Ich weiss, er ist hier.
Th: Frage mal dein Auge, ob es nicht sehen will, weil es deinen Vater nicht sehen will.
Kl: Willst du deshalb nicht sehen, Auge? Willst du meinen Vater nicht mehr se-hen? Kannst du ihn nicht mehr sehen und den ganzen Mist, den er so mit mir gemacht hat? Blink mal! - schlägt ausgiebig - Komm her! Komm her und nimm mir das Brett ab! Vielleicht sehe ich dich deshalb nicht. Sei doch nicht so feige! Trau dich raus! - bricht weinend zusammen - Komm raus, du bist doch mein Vater! Saukerl! Ich hab Angst vor dir gehabt, Angst vor deinen Schlägen.
Th: Ja, und da hast du dir die Bettdecke über den Kopf gezogen, weil du Angst vor der Welt hattest, Angst vorm Leben. Jetzt hat er dir noch seine Angst mitgegeben, seine Angst vorm Leben.
Kl: Schau mal, was du gemacht hast. Trau dich doch mal, trau dich doch mal so, wie ich mich getraut habe. Papa, ich brauch dich jetzt für das Brett. - Sie soll ihn mal fragen, was ihm so viel Angst macht - Was macht dir so viel Angst? - Er hat Angst, etwas falsch zu machen. KDie Klientin fleht den Vater an, doch einen Versuch zu wagen und zu kommen. - Soll ich das auch noch alleine machen? Ich hab keine Lust mehr, hier die winselnde Tochter zu spielen. Ich habe keine Lust mehr, ich hab das lange genug gemacht.
Th: Ja, zeig ihm, wie du gelebt hast, ge-litten hast, Angst hattest ... Lass ihn dann kommen.
Kl: Schau sie an, die ganze Scheisse da! Den ganzen Krempel da, die ganze DDR Scheisse. - Unter Weinen und Schlagen wirft die Klientin heftig dem Vater vor, dass nur aufgrund seiner Ängstlichkeit vor einem Neuanfang die Familie ein DDR-Schicksal erleiden musste. - Es hat mich innen kaputt gemacht, kein Mensch kann so leben mit zwei Wahrheiten!
Th: Hol dir die Kerstin von damals herbei, schau sie dir an! Dein Vater soll sie sich anschauen, die von damals ..
Kl: Sie sieht gut aus - Der Therapeut fordert zur direkten Ansprache auf. - Du, du siehst so gut aus, und keiner hat gesehen, wie es innen in dir aussieht. - Sie soll offen zeigen, wie es innen in dir aussieht - Du siehst so gut aus, aber innen ... Ihr klaut die kleine Kerstin! Sie ist total hohl. - Sie wird wieder zur direkten Konfrontation mit dem Vater aufgefordert.- Guck mal da .. kein Mensch sieht es, keiner. Und du guckst dir das jetzt an! - Pause - Guck du doch mal da rein, nicht aussen angucken! -Der Therapeut fragt, ob er es tut. - Ich glaub, er rafft es nicht. Ich habe das Gefühl, dass er irgend et-was anderes als Schläge braucht. Was brauchst du, damit du das siehst? - Er braucht Liebe, damit er es mit den Augen der Liebe sehen kann. Geborgenheit! Wenn ich dich jetzt mal sehen könnte, würde ich dich ja mal in den Arm nehmen und dir Geborgenheit zeigen, aber ich sehe dich nicht. Ich habe das Gefühl, dass er da ist, und ich höre ihn.
Th: Schau mal, ob du ihn gefühlsmässig in dein Herz nehmen kannst, dich vom Gefühl her mit ihm verbinden kannst, mit ihm sprechen kannst.
Kl: Irgendetwas sträubt sich in mir, sonst würde ich jetzt nicht so einen Schluckauf bekommen.
Th: Frage mal den Schluckauf, was da in dir hochkommt, was sich da sträubt.
Kl: Was sträubt sich da, dass ich meinem Vater nicht das Gefühl der Gebor-genheit und der Liebe geben kann? - ... dass ich nicht genug davon hätte, um noch etwas abzugeben. - Der Therapeut schlägt vor, dass die Klientin den Vater fragen soll, welche Farbe das Gefühl der Geborgenheit für ihn hat. Sie findet die Farbe Rosa. Da sie zunächst sich selbst mit dieser Farbe und damit dem Gefühl der Geborgenheit anfüllt, beginnt das Bild sich aufzulösen. - Da ist jetzt so ein Spalt im Brett drinnen. - Der Therapeut regt an, den Vater zu fragen, ob er bereit ist, es ihr abzunehmen. - Da ist schon der Rest, ist schon gebrochen. Brauchst gar nicht mehr viel zu machen.
Th: Ja, was siehst du?
Kl: Es ist hell, ganz hell, ich bin ein bisschen geblendet. - Die Klientin sieht jetzt ihren Vater - ... Du, eigentlich passt mir das jetzt gar nicht richtig. Du siehst jetzt viel zu gut aus, denn richtig zugeguckt hast du ja nicht, was du mit mir gemacht hast. Du siehst mich ja jetzt nur so ... ja, wie ich jetzt bin. Aber nicht, was du mit mir angestellt hast, was du mir angetan hast.
Th: Ist da schon noch so ein bisschen Rache?
Kl: Ja, ein bisschen soll er ja schon mal sehen!
Th: Dann hol doch noch einmal die kleine Kerstin, die so hohl innen war, und zeig sie ihm mal.
Kl: Ja hier, guck sie doch mal an! So war ich mal: ein schönes Kind ... und innen drin, ja ... hohl, ausgefressen. Nur Lüge drin, Angst, zwei Wahrheiten. - pickiert - Das hast du nicht gewollt, das hast du nicht gewollt ...! Ja, das glaube ich dir ja, trotzdem hast du es gemacht. Wenn du das geahnt hättest!
Th: Ja, er hat halt seine Sensibilität ab-geschaltet. Kein Wunder, dass er dann so einen Mist baut. Dann müsste er jetzt bereit sein, seine Senisbililtät wieder an-zuschalten, damit er in Zukunft nicht so einen Unsinn macht.
Kl: Er kommt jetzt auf mich zu und entschuldigt sich! Naja, es ist schon ein bisschen komisch, wenn er sich da so ... - Nein, eigentich ist es überhaupt nicht komisch, es ist selbstverständlich, wenn du dich entschuldigst.
Th: Kannst du es annehmen und fast ein bisschen geniessen? - Die Klientin bejaht - Das heisst, du hast Recht ge-habt. Schau mal, ob mit deiner aufrechten Haltung dein Rücken noch weh tut?
Kl: Mein Rücken tut nicht mehr weh, meine Kopfschmerzen sind weg ... in den Schultern sitzt noch etwas. Schultern, habt ihr auch etwas mit meinem Vater zu tun? - Ein Teil, weil ich die Last mittragen musste. Jetzt kannst du mir aber wenigstens mal die Last von den Schultern nehmen! Los, jetzt komm her und ge-niess jetzt nicht, dass es dir eigentlich gut geht. Das will ich noch weg haben!
Th: Was ist dir lieber: er nimmt sie dir ab oder du gibst sie ihm zurück?
Kl: Mehr Genugtuung wäre es schon, wenn er sie sich holt.
Th: Ja, dann geniess die Genugtuung! Ja, Rache muss sein, wenn er dich ewig klein macht, kannst du ruhig mal ein paar Momente geniessen ...
Kl: Ja, das finde ich auch! So, jetzt bin ich mal eine echt Trotzige, jetzt mache ich es nicht so, wie du das willst. - Der Therapeut bestärkt sie. - So, nimm mir das ab! - Die Klientin schlägt gebieterisch. - Nicht nur so tun! - Der Therapeut erinnert daran, dass die Klientin genau das früher öfter zu hören bekam. - Du kannst nicht mehr tragen? Ich hab es doch auch getragen! Du wolltest doch so ein toller Kerl sein. - Die Klientin amüsiert sich, dass ihr Vater liegt und später auf den Knien rutscht. Der Vater ist aber offensichtlich unwillig, ihr die Last abzunehmen. Die Klientin schreit und wütet. - Da, guck dir noch einmal die kleine Kerstin an, sie hat das alles getragen und sah blühend aus. Und du hängst hier schon auf den Knien rum. - Sie schlägt ausgiebig auf das neuronale Bild ihres Vaters ein. - Irgendetwas stimmt hier noch nicht, irgend etwas stösst mir noch auf. - längere Pause, sie findet aber nichts -
Th: Gut, dann lass mal die kleine Kerstin von damals auftauchen, so wie sie jetzt ausschaut. Wie geht es ihr?
Kl: Sie lacht irgendwie anders. Toll geht es ihr.
Th: Du kannst ihr ja mal von deinem Auf-stossen erzählen und sie fragen, was sie dazu meint.
Kl: Das ist mein Bruder - aber das hatten wir doch auch schon einmal! - Pause - Aber es ist eine andere Szene. Das ist merkwürdig. Ich habe gar nicht seinetwegen die Prügel von meinem Vater ge-kriegt. Ich habe die Prügel von meiner Mutter bekommen, aber der Vater hat damit jetzt nichts mehr zu tun. Das tut mir leid, Vati, dass ich da etwas vermengt habe. Das stimmt nicht, dass du das gemacht hast. Da habe ich dir Un-recht getan.
Th: Dann hol mal deine Mutter dazu. Lass mal alle zusammenkommen.
Kl: Wir haben schon mal enger zusammengestanden. Ach, mein Vater gibt uns jetzt allen einen Kuss, sogar meinem Bruder, ich werd verrückt! Du, ich finde das ja ganz toll hier, das haut mich fast um!
Th: Ist das der tolle Papa, den du immer haben wolltest? Sag es ihm.
Kl: Jetzt bist du ein toller Papa, da brauchst du deine Show mit all deinen Motorrädern gar nicht mehr. Jetzt kannst du mich auch in Ruhe mit den Jungs Motorad fahren lassen, wie ist denn das? - Nein, da hat er Angst.
Th: Das muss er jetzt mal ein bisschen üben, dich in die Freiheit zu entlassen, wenn du es willst. - Nach Wortwechsel mit dem Vater einigt sich die Klientin mit ihm, dass sowohl er als auch sie mit einem jungen Mann auf zwei Motor-rädern losbrausen, sich die Wege aber an der nächsten Ecke trennen. -
- Es folgt hier eine energiegeladene Auseinandersetzung mit dem älteren Bruder, die aber an dieser Stelle und für das Thema ‘Sehen’ nicht weiterführend ist. -
Th: Hol doch mal das Auge herbei, das Bild vom Auge, damit du es befragen kannst, ob du jetzt besser sehen kannst.
Kl: Hallo Auge, kannst du jetzt wieder besser sehen? Zwinker mal, wenn du ‘ja’ meinst. - Es zwinkert.
Th: Gut, dann geh jetzt mal mit deinem Bewusstsein hinter das Auge, schau mal durch und lass dir mal die Dioptrinstärke zeigen, die du jetzt optimal bräuchtest. Lass einfach die Zahl auftauchen. - Kl. sieht keine Zahl - Dann schau doch mal aus deinen Augen heraus. Lass die Brille ganz weg und schau, ob du in der Innen-welt ohne Brille sehen kannst, dass der innere Druck soweit weg ist, dass die Themen soweit bearbeitet sind, dass sich der Muskel nicht so weit verbiegen muss. Vielleicht geht es in der Innenwelt schon ohne Brille. - Die Klientin versteht diese Anweisung nicht - Du kannst ja mal deinen Augenarzt kommen lassen, ihn bitten, eine Messung zu machen.
Kl: Der will immer nur Augen operieren.
Th: Sag ihm, dass du nicht operiert werden willst, sondern nur eine Augenmes-sung haben willst.
Kl: Ich will einfach nur, dass Sie mal gucken, wie meine Sehkraft ist. - lange Pause - Er sagt einfach, es hätte sich überhaupt nichts getan. Insofern wäre wenigstens die laufende Verschlechte-rung weg. - Sie soll ihn direkt fragen - Haben sich meine Augen verschlechtert? - Er schüttelt den Kopf. Die Verschlechterung ist weg. Wenn ich aber daran denke, bekomme ich komischerweise Druck auf dem Kopf hier oben.
Th: Ok, der Schmerz soll sich mal um-setzen. Das ist doch ein wunderbar klarer Zusammenhang.
Kl: Was ist das jetzt hier oben? - Woher kommt dieser Schmerz? - Das ist doch blöd jetzt, das haben wir doch schon einmal gemacht, dass ich aus dem Fenster springe. Das kann ich doch!
Th: Dann verbinde das miteinander. Es kann ja sein, dass da noch irgend etwas zusammenhängt. Hüpf mal hinterher, vielleicht musst du neu verbinden.
Kl: Irgendwo ist hier am Kopf etwas verschoben.
Th: Das ist schon möglich. Damals hast du etwas aufgelöst, jetzt hast du noch mehr aufgelöst, und jetzt passen alle Ereignisse nicht mehr richtig zusammen. Spring hinterher, dann verschiebt es sich wieder. Möglich, dass das so einfach zusammenhängt. Jetzt hast du dir einen neuen Kontext erarbeitet, und jetzt machst du die Übung noch einmal, dann verbindet sich alles wieder.
Kl: Oh, jetzt muss ich wieder ans Fenster gehen. Bisschen komisch ist mir schon im Hals.
Th: Das ist wahrscheinlich woher der Druck kommt.
Kl: Ich habe gedacht, ich könnte jetzt hin- und herspringen, wie ich wollte. Aber jetzt, wenn ich es machen soll, habe ich doch Angst.
Th: Genau, daher hast du auch den Druck. Mach’s halt einfach! Wenn du magst, kannst du ja deinen neugewonnen Vater unten hinstellen, möglich, dass es solche Querverankerungen gibt.
Kl: Ist es nicht besser, wenn mein Kopf aufschlägt?
Th: Lass es sich von selbst entwickeln, schau was passiert! Das ist ja wie ein Test: was passiert jetzt, wie ist es jetzt, was ist ungelöst? Das sehen wir dann ja. Möglich, dass dieses Ereignis nur noch verbunden werden muss mit allen veränderten Ereignissen. Schliesslich ist alles miteinander dynamisch verbunden. Und die Augen offen lassen im freien Fall! Es geht hier um die Augen. Fenster auf, genüsslich springen, Vater steht unten ... lass dir Zeit beim Fallen, geniess es. Augen auf! Der Augenarzt soll aus der Ferne zugucken. Alles ok?
Kl: Ich guck. - Die Klientin springt.
Th: Der Augenarzt soll wieder Messung machen.
Kl: Jetzt messen! Der kriegt grosse Augen, er kann es nicht fassen! - Ja, wenn ich noch ein paar Mal springe ... Ich muss noch mal hoch und noch einmal springen.
Kl: Alle guten Dinge sind drei! Nochmal! - Die Klientin springt - Am liebsten würde ich gar nicht da unten ankommen. So jetzt will ich aber noch einmal die Augen testen lassen. Der Arzt ist empört, er findet das eine Sauerei.