PETER ORBAN + INGRID ZINNEL |
gemeinsam arbeitend unter dem Namen
,,symbolon"
Mein Referat handelt vom Therapieansatz Peter Orbans und Ingrid Zinnels, die gemeinsam unter dem Praxisnamen symbolon arbeiten. Bildhaft gesprochen, werden wir zunächst auf einen Berg steigen, damit wir uns von dort einen Überblick verschaffen von der Landschaft in der Peter Orban seine therapeutische Arbeit ansiedelt. Anschließend werden wir, gleichsam wie mit einem Zoom, unsere Perspektive auf seinen Therapieansatz einengen.
1. Praxisname ,,symbolon"
Zunächst einige Eckdaten zu Peter Orban: Jg. 44, Studium der Soziologie, Psychologie und Pädagogik, Dr. phil., arbeitet als Therapeut und Astrologe in Frankfurt. Er ist Schüler von Jean Houston und Thorwald Dethlefsen. Gemeinsam mit seiner Partnerin Ingrid Zinnel benutzt er den für ihren Ansatz zentralen Begriff ,,symbolon“ als Praxisnamen.
Dazu eine Geschichte:
,,Der Fernhändler aus Rom, alljährlich zum Ankauf von Purpur bei einem
Freund in Tyrus, fühlt sich für Seereisen zu alt - vom nächsten
Jahr an soll ein anderer statt seiner fahren. Der aber wird sich in Tyrus dann
ausweisen müssen als ein Mann, dem der Partner in Rom vertraut, als einer,
dem auch der Kaufmann in Tyrus vertrauen darf.
Der Purpurhändler in Tyrus zerschlägt beim Abschied seines alten Freundes
eine Tafel: Zwei Stücke müssen es sein. Die eine Hälfte des Symbolons
bleibt zurück im Haus, die andere schiebt der scheidende Gast in den Brustbeutel
und schifft sich ein zur Rückfahrt nach Rom.
Im nächsten Jahr wird der Mann seines Vertrauens das Bruckstück wieder
zurückbringen. Die ineinanderpassenden Hälften, zum Ganzen gefügt,
geben Gewißheit: Hier kommt zwar ein Neuer, aber er bringt Altvertrautes
mit und führt alte Bindungen fort." (Wolf Dieter Bach in ,,Sprache
im technischen Zeitalter" 1976, Nr.58, S.112) -
,,symbolon" fühlt sich keiner der herkömmlichen Techniken oder
Therapierichtungen verpflichtet, sondern versteht sich als Teil des größeren
Zusammenhanges der ,,hermetischen Philosophie".
2. Weltanschauung und Menschenbild
2.1. Die „hermetische Philosophie"
Peter Orbans Perspektive ist geprägt von seiner in der hermetischen Philosophie
verankerten esoterischen Weltanschauung. Auf dieses Fundament ist sein therapeutisches
Selbstverständnis gegründet und wird in seinem Anspruch auch nur darauf
bezogen verständlich.
Die hermetische Philosophie bezieht ihren Namen von der Legendengestalt des
Hermes Trismegistos. Die Ursprünge ihres esoterischen Weisheitsgehaltes
lassen sich zurückverfolgen zu altägyptischem und griechischem Gedankengut.
Davor verliert sich die Spur.
Die für den therapeutischen Blickwinkel wichtigsten Thesen
der hermetischen Philosophie besagen:
1.) Die Welt ist aus Polaritäten aufgebaut. Der Tag benötigt die Nacht,
die Liebe den Hass, etc... Das eine lebt vom anderen.
,,Ein Gilles de Rais' der die Kinder zerstückelte, hat seine unbewußten
Flecken und ruft damit die Wim Thoelkes der Welt auf den Plan. Ein Mitarbeiter
der ,,Aktion Sorgenkind", der Kinder rettet, hat seine dunklen Flecken
und ruft damit die Gilles de Rais' der Welt auf den Plan."
Es liegt auf der Hand, daß aus dieser Perspektive die gängigen Moralvorstellungen
nicht mehr greifen.
2.) Alles, was uns zu-fällt, fällt uns gesetzmäßig zu,
weil wir genau daran die für uns jetzt wichtigen Erfahrungen machen könnten.
Wir können sie natürlich auch verpassen oder zurückweisen oder
nicht wahrnehmen... Dann kommen sie irgendwann wieder auf uns zu.
3.) Jede Arbeit, die ich in meinem Leben leiste, ist eine Arbeit an meinem Schatten;
eine Arbeit an jenem Teil meiner Person, den ich in mir nicht haben will, den
ich an mir nicht wahrhaben will und den ich infolgedessen aus dem Außen
präsentiert bekommen muß.
Ich werde die Konsequenzen dieser Anschauungen auf die therapeutische Arbeit
weiter unten konkretisieren.
In seinem frühen Buch ,,Die Reise des Helden" von 1982, kleidet Peter
Orban seine Sicht des Menschen und dessen Zusammenhang mit der Welt in die folgende
Geschichte:
,,Stell dir vor, du bist in einer schönen, freundlichen Landschaft. Aber
du bist auf deinem Weg und das heißt, du bist nicht zu Hause. Und du spürst,
wie du ein tiefes Gefühl der Sehnsucht in dir trägst. Im Weitergehen
wendest du deinen Blick nach vorn und weit entfernt am Horizont kannst du Berge
erkennen, blaue Berge. Und da breitet sich ein Gefühl der Vertrautheit
und der Erinnerung in dir aus, und du drehst dich um in die Richtung, aus der
du kamst und jetzt kannst du sie auch dort sehen: Auch dort, woher du kamst,
weit, weit entfernt - stehen Berge, blaue Berge. Ahnend erinnerst du dich, daß
du einst dort warst, daß du von dort kommst. Dein Zuhause. Und Hingehen
und Zurückgehen erscheint dir auf einmal als dasselbe. Die Berge hinter
dir und die Berge vor dir es sind dieselben Berge. Du gehst im Kreis. Und wenn
du noch genauer hinschaust, dann kannst du sehen, daß wir alle - immer
wieder -hierherkommen in diese Ebene, um etwas zu erledigen, um etwas zu lösen."
Auch zum Bereich dessen, was wir in diesem Erdenleben zu erlösen angetreten
sind weiter unten mehr.
Dieser Kreis in dem wir gehen findet eine symbolische Spiegelung z.B. im Geburtshoroskop,
im Tierkreis mit seinen Sternzeichen, Planeten, Häusern und deren vielfältigen
Beziehungen untereinander.
So findet Peter Orban lange Zeit in der Astrologie eine geeignete Struktur mit
der er Erfahrungen und Entwicklungen seines seit fünfzehn Jahren andauernden
Wanderweges als Therapeut ordnet und in Modellen individuell interpretiert.
Sie sollen als ,,Wanderstäbe" dienen, als Orientierungshilfen auf
den verschlungenen Pfaden der Seelenwanderungen, auf denen er sich sonst leicht
zu verirren fürchtet.
Eine weitere Bereicherung erfahren diese mehr an das rationale Verstehen gerichteten
Texte, durch die sie ergänzenden, die bildhaften Seelenfähigkeiten
ansprechenden Phantasiereisen auf Kassette.
2.2. Modelle der Selbst- und Lebenserfahrung
In seinen Büchern umkreist Orban immer wieder aufs Neue sein Bild vom Menschen,
seinen Seelenlandschaften und seinen Bezug zur Welt. Das Fleisch an diese Knochen
bezieht er aus den Innenwelten seiner Patienten und aus der Bearbeitung in der
Therapie.
Ich gehe im Folgenden ausschnitthaft auf seine Bücher ,,Der Tanz der Schatten"
von 1986, ,,Drehbuch des Lebens" von 1990, ,,Seele" von 1991 und auf
,,Personare" von 1992 ein. Damit möchte ich einen Eindruck seiner
Vorgehensweise vermitteln und einige der oben angesprochenen ,,Wanderstäbe"
vorstellen. Wen es interessiert, dem sei das eingehendere Eigenstudium ans Herz
gelegt, das hier aufgrund seiner Fülle den Rahmen sprengen würde.
2.2.1.Seelenausdruck Symbol
Wir können über die Seele nichts Beweisbares aussagen. Wir können
uns allerdings über die vielen Bilder, die in der therapeutischen Arbeit
auftauchen, der Seele von allen Seiten nähern. Die Mitte der Seele ist
nicht mehr sagbar. In ihr kann man nur sein.
Den intensivsten, gesättigtsten Ausdruck einer Annäherung nennt Orban
ein Symbol. Es gehört zu den Wesensmerkmalen des Symbols, daß es
stellvertretend für etwas anderes steht. D.h. es gibt etwas Reales und
es gibt etwas Geistiges, das auf dieses Reale aufmerksam machen möchte.
In der Therapie tauchen Symbole aus verschiedenen Zusammenhängen auf. In
seinem Buch ,,Seele" legt Orban eine Landkarte dafür an, indem er
verschiedene Symbolebenen aufzeigt:
Symbole erster Ordnung
Diese Form des Symbols bezieht sich auf etwas real in der materiellen Welt Vorhandenes,
z.B. ein Verkehrsschild vor einer Kurve (deshalb oft eher ,,Zeichen" genannt)
Symbole zweiter Ordnung
Diese beziehen sich auf meine individuelle Lebensgeschichte, ihr Entstehungsort
liegt (in der Regel) in der Kindheit, und Therapien, die sich hier um Auflösung
des Konfliktmaterials bemühen sollten seiner Auffassung nach ,,Kindheitstherapien"
heißen.
Symbole dritter Ordnung
Diese beziehen sich auf die Tiefe der Zeit, d.h. sie ziehen durch die Kette
der Inkarnationen ihre Spur. (Sie wollten dir bereits im 16. Jhdt. etwas klarmachen,
aber du entdeckst es erst jetzt im 20. Jhdt. oder erst in deiner nächsten
Inkarnation). Hiermit bechäftigen sich all' jene Therapien, die tatsächlich
einen Abstieg in das Innere der Zeit unternehmen, wie manche Formen der Reinkarnationstherapie
oder Symboltherapien Jung'scher Ausprägung.
,,Aus unserer Praxis ergibt sich, daß die Symbole zweiter Ordnung (Kindheit)
und die Symbole dritter Ordnung (Tiefe der Zeit) im wesentlichen identisch sind.
Das heißt, jede Gürtelrose verweist sowohl auf die Kindheit als auch
auf die Tiefe der Zeit. Orthodoxe Psychotherapie bleibt nur bei den Kindheitssymbolen
stehen, weil sie Angst hat, tiefer zu graben."
Symbole vierter Ordnung
Hier befinden wir uns in der Tiefe des Raumes, des Seelenraumes. Jenseits der
Zeit. Hier sind die Symbole wahrhaft archetypisch, denn sie beziehen sich nicht
mehr auf den einzelnen Menschen, sondern auf das Leben als solches. Es ist der
Bildersaal des Mythos, des Märchens, der Religion.
Zusammenfassend: Symbole sind Gebilde, die auf etwas Dahinterliegendes aufmerksam
machen wollen. Da das Dahinterliegende (bei Symbolen zweiter bis vierter Ordnung)
immer etwas Seelisches ist und die Seele nicht über eine diskursive Sprache
verfügt, ist das einzige Verständigungsmittel das sie hat, um mit
meinem Bewußtsein zu kommunizieren, die Sprache der Symbole, sei es im
Traum, im Symptom, in der Trance-Reise.
2.2.2. Problemfelder des Lebens
-,,Tanz der Schatten"
In seinem Buch ,,Tanz der Schatten" übersetzt Peter Orban die zwölf
Tierkreiszeichen in Beschreibungen von zwölf ,,Seelenlandschaften".
Er will damit die grundlegenden menschlichen Erfahrungsmöglichkeiten systematisch
umgreifen. Zu jedem Lebensbereich gibt es eine Phantasiereiseanleitung auf Kassette,
um das jeweilige Thema nicht nur zu verstehen, sondern sich auch gefühlsmäßig
damit zu verbinden.
-,,Tanz der Schatten"
,,Dieses Buch versucht also, all jene „Tanzfiguren" des menschlichen
Lebens zu beleuchten, aus denen Leidens formen entstehen und die damit unser
Dasein in mehr oder weniger deutlicher Weise komplizieren."
Die Kapitel 1-3 beziehen sich auf die Ebene des Körpers mit den Problemfeldern:
1. Körperlichkeit , also: Wie sehe ich aus?, 2.Sicherheit, also: Was bin
ich wert? und 3.Beweglichkeit: also: Werde ich gesehen? Die Kapitel 4-6 beziehen
sich auf die Seelenebene mit den Kapitelüberschriften:
4. Geborgenheit, 5. Einzigartigkeit, 6. Notwendigkeit
In den Kapiteln 7-9 geht es um die Ebene des Geistes, der Idee:
7. Andersartigkeit (der therapeutische Weg), 8.Verbindlichkeit (der Guru-Weg),
9. Sinnhaftigkeit ( bildet das Ende des empirischen Menschen, beschließt
deinen Weg, den du als handelndes Wesen gehen kannst).
In denKapiteln 10-12 schließlich geht es um die Wirkungen des ,,Gesetzes"
(um ,,Karma", oder ,,Schicksal"): 10.Gesetzmäßigkeit, 11.Freiheit,
12.Wahrheit
2.2.3. Personen im Inneren - ,,Drehbuch des Lebens"
und ,,Personare"
Für die Lebenserfahrungen, die wir in diesen Problemfeldern machen können
gibt es allem Anschein nach eine beschränkte Anzahl von grundlegend unterschiedlichen
Möglichkeiten (häufig wird die Zahl zwölf genannt, bei den Tibetern
sind es neun). Sie sind in jeder menschlichen Seele als latente, sehr allgemeine
Dispositionen angelegt. Sie werden als ,,Archetypen" oder ,,Urbilder"
bezeichnet. Jeder Mensch steht vor der Aufgabe diese allgemeinen Anlagen in
seinem konkretem Leben individuell zu füllen.
-,,Drehbuch des Lebens"
Eine Ausarbeitung dieser Urbilder, die eigentlich Urkräfte sind, gibt Peter
Orban in seinem Buch ,,Drehbuch des Lebens". Die Reihenfolge der Personen
verläuft entlang der seelischen Logik, sie sieht bei ihm folgendermaßen
aus: -Person 1: ,,Der Krieger"
Ein junger Mann, der mir die Energien zur Durchsetzung im Lebenskampf zur Verfügng
stellt. Vom Typ her ein Sportler, der darauf angewiesen ist, die Kraft seines
Leibes, die eigentlich die Kraft seiner Lenden (also Sexualenergie) ist, hinauszuschleudern.
-Person 2: ,,Die Schöne"
Eine junge Frau, die eher passiv mit Hilfe ihrer Attraktivität jemanden
sucht, der für sie den Lebenskampf führt, während sie in der
Sicherheit einer festen Burg (die er ihr garantieren soll) geselligen Verpflichtungen
nachkommt und dem Mann (dem Krieger) zur Erbauung dient.
-Person 3: ,,Der Intellektuelle"
Ein bebrilltes, schlankes Neutrum (weder Mann noch Frau), dessen Lebensinhalt
aus dem ,,Wissen" und der Kommunikation des Wissens besteht. Farblos und
in praktischen Dingen ziemlich hilflos.
-Person 4: ,,Die Mutter" (,,Das kleine Kind")
Eine nicht mehr ganz junge Frau, die auf der Suche nach seelischer Geborgenheit
ist. Passiv und ziemlich hilflos versucht sie, diesen Wunsch, bemuttert zu werden
(wo er sich nicht realisiert), dadurch zu erfüllen, daß sie selbst
Kinder bekommt, denen sie dann diese Umhüllung zu geben versucht. Sie spielt
die weibliche Hauptrolle im inneren Drama des Menschen.
- Person 5: ,,Der Held" (,,Der Vater")
Wichtigste Person des ganzen Stückes (...meint Orban!). Für ihn (ein
gestandener Mann) gelten die Anforderungen: ,,Gehe in die Macht", ,,Setze
deinen Willen durch", ,,Sei der Erste". Diese Person trägt in
sich die Ansprüche des menschlichen Ego, die da lauten: ,,Besteige den
Berg und setze dich an die Spitze", etc... bis:
-Person 12: ,,Der Meister"
Jene Person in mir, die den Übergang in die jenseitigen Welten vorbereitet.
Um aber die Welt hinter der Welt zu erreichen, muß er die diesseitige
Welt abtöten oder zumindest aböden. Er sorgt dafür, daß
meine normalen Interessen fahl werden. Das ist, solange ich an das andere nicht
glauben mag, eine erschreckende Sache. Er entlarvt die Welt als Täuschung,
als Illusion.
Damit sei es genug aus diesem Buch.
- ,Personare"
In seinem Buch ,,Personare" hat Peter Orban ein Konzept dieser ,,zwölf
Personen im eigenen Inneren" angelehnt an die Planeten Sonne, Mond, Merkur,
Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun, Pluto... erarbeitet. Er berschreibt
diese von symbolon neuentwickelte Technik, wie man Horoskope der einzelnen inneren
Personen anfertigen kann, z.B. das Horoskop
seiner ,,Weiblichkeit" (also seines Mondes),
seiner ,,Sinnlichkeit" (also seiner Venus),
seines ,,Inneren Kriegers" (also seines Marses),
seines ,,inneren Therapeuten" (also seines Jupiters),
seines ,,Narren" (also seines Uranus),
seiner ,,Verantwortlichkeit" (also seines Saturns),
seines ,,Daimons" (also seines Plutos), etc.
2.3. Sein aktuelles Modell vom Menschen
In
seinem bisher letzten Buch tritt die Astrologie in den Hintergrund und Orban
wendet sich versuchsweise einem ganz anderen Bezugsrahmen zu, nämlich den
neuesten amerikanischen Forschungsergebnissen zum klinischen Krankheitsbild
der MPS, d.h. der ,,multiplen Persönlichkeits-Störungen". Er
überträgt die Struktur der ,,Multiplen Persönlichkeit" in
abgemilderter Form auf die Normalneurotiker, die wir alle sind und entwickelt
daraus seine aktuelle Vorstellung eines Modells der menschlichen Psyche.
In unserem Inneren gibt es eine Kernpersönlichkeit, welche die alltäglichen
Geschäfte führt. Dieser ,,Host" (Herbergsvater) trägt unseren
Namen. Außerdem gibt es sog. „alters", also innere Personen,
die für einzelne Spezialgebiete zuständig sind. Diese inneren Personen,
die im Kern miteinander verankert sind haben (wenigstens im Mittelpunkt des
Hosts) eine gemeinsame Identität. In der grafischen Darstellung sind sie
als eine Art Blütenblätter gezeichnet.(s.Abb.1+2) Jede einzelne Person
im Inneren hat auch einen unbewußten Teil (im Bild mit einem Muster ausgefüllt),
der den Host überragt und ein Eigenleben führt. Dieser unbewußte
Teil der Person, der sehr viel größer ist als der bewußte,
besteht im wesentlichen nicht aus traumatischem Material (dieses kann hinzutreten),
sondern aus den unermeßlichen Weiten des Seelenlandes.
Genau genommen gibt es allerdings gar keinen Host, keinen zentralen Kern: nimmt
man einer Rose die Blütenblätter weg, so kommt dahinter kein zentrales
Blütenblatt zum Vorschein, auf dem alle anderen aufsitzen, sondern nur
der Stiel.
Menschsein hat ebenfalls keinen zentralen Kern, sondern ist
eine lockere Assoziation von Einzelwesenheiten - von inneren Personen und Themen,
zusammengehalten von der Fiktion einer Identität. Dieses Gefühl trägt
den Namen ,,Ich" und wird in den meisten Fällen (da es einem Körper
zugehört) als Einheit wahrgenommen. Doch diese Einheit ist brüchig
und kann leicht auseinanderfallen. Orban nennt diesen lockeren Zusammenschluß
,,OsirisKomplex" in Anlehnung an den Mythos.
Als Set Osiris zerstückelte, blieb ebenfalls kein zentraler Kern, kein
Host mehr übrig, sondern die vierzehn Teile, in die er auseinanderfiel,
waren alles, was Osiris ausmachte. Isis suchte die Teile zusammen, balsamierte
sie ein und setzte sie dann wieder zusammen. So erstand Osiris wieder auf.
Anders als Freud, der mit ,,Ich" ein relativ festes einheitliches Gebilde
gemeint hat, vertritt Orban die Meinung, daß ,,Ich" ein Status ist,
der vom Bewußtsein an eine Vielzahl unterschiedlicher innerer Personen
verliehen werden kann.
Welche Implikationen dieses Menschenbild auf zwei auch für unseren Therapieansatz
zentralen Bereiche mit sich bringt betrachten wir in den nächsten beiden
Abschnitten.
2.3.1. Reinkarnation
Peter Orbans Betrachtensweise der wiederholten Erdenleben bekommt durch sein
aktuelles Modell der Psyche eine neue Ausrichtung. Sie ergibt sich aus seiner
Vorstellung über die Zusammengesetztheit des ,,Ich". Man stelle sich
einen Pool voller ,,Personen" vor, die sich zu jeder Inkarnation zu neuen
,,Bündeln von inneren Personen" zusammenstellen und in einem Körper
in die materielle Wirklichkeit eintauchen. Einige dieser inneren Personen haben
schon einmal gelebt. Und sobald wir uns (mit Hilfe bestimmter Techniken) in
diese inneren Persdnen hineinversetzen, können wir deren Geschichte in
uns nachvollziehen und noch einmal erinnern. Orban ist der Meinung, daß
über diesen Modus der Aufspaltung und Neukonstellierung jede Form der Partnerschaft
funktioniert, d.h. in meinem Partner heute begegne ich inneren Personen, die
einstmals Teile meines ,,Bündels" waren und umgekehrt. Sie agieren
dann heute z.B. meine innere Zerrissenheit von damals in der Außenwelt.
2.3.2.
Das
Gefühl der Zugehörigkeit im Kern wird stark gefährdet, wenn eine
der inneren Personen ein unerträgliches Erlebnis durchleidet, denn das
bedroht die Identität empfindlich. Die betreffende innere Person ist einer
starken Energieüberflutung ausgesetzt (Schmerz, Todesgefahr, Scham, etc.).
Das ,,Ich" der betreffenden Person erlebt sich als ,,vergewaltigt".
Damit aber liegt ein fauler Apfel im Korb (im Kern). Um nicht die anderen Äpfel
mit seinem Schmerz, seiner Todesangst, seinem Ekel zu infizieren, wird er aus
dem Korb entfernt. Die anderen reinigen sich von ihm. Er wird abgespalten, so
daß er nun keine bewußte Verbindung mehr zum Kern hat. (s. Abb.3)
Mit dem Erfolg, daß der Kern - der ja weiterhin seine Identität aufrecht
erhalten will - von sich behauptet: ,,Nicht ich (z.B. ,,Jenny") muß
diese schlimme sexuelle Attacke ertragen, sondern Jess (d.h. der abgespaltene
Teil wird als jemand anderer, eigenständiger erfahren). Bald aber verschwindet
auch dieses Bewußtsein aus dem Kern, denn immer wenn der Vater (oder wer
auch immer) sich jetzt an ,,Jenny" sexuell vergreifen will, stellt sich
,,Jess" als Puffer vor den Kern und fängt den Angriff auf - ohne daß
der Kern überhaupt etwas davon merkt. Er wird amnestisch, d.h. unbewußt.
2.4.Leiden
Eingangs habe ich Orbans Bild vom Wanderer in der Ebene zwischen den Bergen
eingeführt. Hier ist nun der Zeitpunkt näher auf die Fragen, die darin
liegen einzugehen:
Wie finde ich heraus, was ich zu erledigen, zu erlösen angetreten bin?,
Was ist meine Aufgabe? Um Orbans Antwort auf diese Fragen näher zu kommen,
muß ich zunächst etwas weiter ausholen:
Wenn es uns im Verlauf unsere Lebens immer wieder schlecht geht, wenn wir körperlich
oder seelisch krank werden, wenn wir also ganz allgemein gesprochen Leiden suchen
wir jemand, der uns von diesem Leiden befreien soll. Häufig gehen wir erst
viele Umwege, auf denen wir erwarten, daß ein Arzt, oder die Zeit, oder
der Partner, oder ein Therapeut die Lösung des Problems übernimmt.
Endlich, wenn alle Versuch keine oder jedenfalls keine dauerhafte Lösung
herbeigeführt haben, sind wir gezwungenermaßen auf uns selbst zurückgeworfen
- auf die ,,Jetzt-helfe-ich-mir-selbst!"- Position.
,,Ich mir..." - aber wem will ich denn da helfen? Wer oder was ist das
denn überhaupt, dieses ,,Ich"?
Damit stehen wir zunächst vor der oberflächlich gesehen einfachen
Frage: Wer ist ,,Ich"? oder schlicht: ,,Wer bin ich?"
Um diese Frage weiter zu verfolgen wollen wir mit Peter Orban zunächst
in einem kurzen Streiflicht schauen, welche Einschränkungen an unserem
heutigen So-Sein bereits mitgewirkt haben.
Er geht davon aus, daß jeder Mensch sein Leben bereits mit vielen ,,Neins",
mit vielem, was wir ausschließen, beginnt. Aus früheren Inkarnationen,
vom Geburtstrauma, und immer wenn wir, besonders in unserer frühen Kindheit,
mit Situationen konfrontiert waren, in denen wir die in uns ausgelösten
Gefühle nicht in ihrer vollen Dramatik aushalten- konnten und sie abgespalten
haben in die Vergessenheit unseres Unbewußten (s.o.) sind weitere „Neins“
entstanden. Es sind die ,,Neins“, die uns auf ewig vor dem Wiederauftauchen
dieser unbewältigten Gefühle schützen sollen. ,,Das will ich
nie wieder erleben!" könnte auf diesen Türen in unserem Unterbewußtsein
stehen.
Weitere Erfahrungsmöglichkeiten haben wir mit unseren Bewertungen aus unserem
Leben verbannt. Indem wir immer nur nach Liebe, Glück, Frieden, Gesundheit,
Leben und Helligkeit verlangen, verschließen wir uns vor dem Erleben der
zugehörigen Gegensätze. Sie kommen dann auf der Bühne unseres
Lebens nicht mehr vor und wir wähnen uns sicher vor ihnen. Aber die Welt
der Erscheinungen und auch wir sind wie eingangs als einer der wichtigsten Sätze
der hermetischen Philosophie zitiert nach dem Gesetz der Polarität aufgebaut.
Zu jeder Seite lebt notwendigerweise immer ein Gegenstück. Zur Liebe gehört
der Hass, zum Glück das Pech, zum Frieden der Krieg, zur Gesundheit die
Krankheit, zum Leben der Tod, zur Helligkeit die Finsternis, etc. Das eine kann
ohne das andere nicht existieren, sie bedingen sich gegenseitig.
Das heißt, daß immer beide Pole wirksam sind! Sehr anschaulich ausgedrückt
in dem Spruch, den der Volksmund kennt: ,,Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten."
Das heißt, auch wenn wir Erlebnisse, die wir nicht aushalten konnten oder
Gefühle, die uns unangenehm waren ins Unterbewußtsein abgeschoben
haben, wir sie also nicht mehr zu spüren brauchen, dann leben und wirken
sie von dort aus dennoch weiter. Hier führen sie ihr Schattendasein und
beeinflussen unsere Wahrnehmung und unser Er-Leben, z.B. als Störung unseres
Wohlbefindens, oder im ausgeprägten Fall als Krankheit ohne daß wir
den Zusammenhang zunächst noch erkennen.
Die Symptome sind eigentlich ein drastischer Hilferuf unserer Seele, nachdem
wir zartere Hinweise nicht ernst genommen, bzw. nicht tief genug verstanden
haben. Jetzt brüllt sie nämlich: ,,Du bist einseitig, hör auf
damit, das ist nur die eine Seite, die die du mit deinem Bewußtsein willst.
Aber es ist nicht das, was ist. Was jetzt da ist! Oben und Unten! Du verfehlst
die Antwort auf die oben gestellte Frage: Wer bin ich?"
Wir wollen im weiteren sehen, welche Unterstützung Peter Orban in dieser
verfahrenen Lage anzubieten hat. Zunächst auf der ganz pragmatischen Ebene.
3. Konkrete Angebote bei ,,symbolon
Bei ,,symbolon ,,wird eine breite Palette von Wegen, Werkzeugen und Übungshilfen angeboten, um sich den eigenen Seelenlandschaften zu nähern, in ihnen zu wandern und ihre Bewohner kennen zu lernen:
1 .)Astrologische Angebote:
- Radix-Beratung (Geburts-Horoskop)
- Solar-Beratung (Jahres-Horoskop)
- Partnerschafts-Beratung
- Personar-Beratung (anhand des Konzeptes der zwölf Persone im eigenen
Inneren)
2.) Therapeutische Angebote:
(sind Erfahrungen in tiefen Schichten der Seele)
- Therapie-Einzelsitzungen
- Karten-Trance-Sitzungen
3.)Beratungsangebote:
(richten sich mehr an das geistige Verständnis)
- Konflikt-Beratung (Krisenintervention)
- Karten-Beratungen (mit den selbstentwickelten Karten symbolon)
4.) Ausbildungen:
- Astrologie-Kurse (das ist die Astrologen-Ausbildung häppchenweise)
- Astrologen-Ausbildung
- Therapeutenausbildung
- symbolon-Karten-Intensiv-Ausbildung
5.) Homöopathie-Praxis von symbolon
geleitet von Ingrid Zinnel
(Die ,,Homöopathische Behandlung" wird verstanden als die Suche nach
dem was dir fehlt, auf der körperlichen Ebene, analog dem Prinzip der Therapie
auf
der Seelenebene)
6.) Kassettenprogramm
Es gibt ein umfangreiches Kassettenangebot mit Vorträgen, Musik, Phantasiereisen,
Ubungen für den Alltag, etc. Sie verstehen sich als Hilfsmittel, ,,eine
Brücke zur inneren Welt zu bauen, und sich den verlorengegangenen Schlüssel
zur Seele zurückzuholen". Außerdem gibt es Erfahrungsberichte
zu homöopathischen Arzneimittelbildern. Es ist u. a. erschienen:
- ,,Die Reise des Helden" (Phantasiereisen zum Buch)
- ,,Der Tanz der Schatten" (Phantasiereisen zum Buch)
- ,,Verborgene Wirklichkeit" (Phantasiereise zum Buch)
- ,,Atem" (Phantasiereisen zum Buch ,,Seele")
- verschiedene Serien zum besseren theoretischen und erlebten Verständnis
ds schwierigen Themas Esoterik mit Titeln wie ,,Meditation über das Meditieren";
,,Mein Name", ,,Gut und Böse", ,,Du und dein Partner", usw.
- Krankheits-Kassetten (darauf werden die Themen ,,Angst", ,,Schlaf-Störungen",
,,Kopfschmerz und Migräne" sowie ,,Leben und Sterben“ als Vortrag
und alsPhantasiereise bearbeitet)
- ,,Homöopathischer Sonntag" (Kassettenmitschnitte von einer monatlich
stattfindenden Veranstaltung von Andreas Krüger dem Leiter der ,,SamuelHahnemann-Schule"
in Berlin und Mitarbeitern. Es wird daran gearbeitet mit Hilfe von Meditationen,
Phantasiereisen, Fallbeschreibungen und Berichten von Betroffenen dem Geist
des homöopathischen Mittels auf die Spur zu kommen).
7.)
Hör-Bücher u.a.
- ,,Die Reise des Helden"
- ,,Traktat über die Heilkunde" von Heinz Blüher
8.) Bücher, die in der Arbeit von symbolon entstanden sind
Peter Orban: Die Reise des Helden, 1982
Peter Orban: Astrologie als Therapie, 1986
Peter Orban & Ingrid Zinnel:Tanz der Schatten (Buch und 6 Kassetten), 1986
Peter Orban: Pluto. Über den Dämon im eigenen Inneren, 1989
Peter Orban: Verborgene Wirklichkeit (Buch und 4 Kassetten), 1990
Peter Orban & Ingrid Zinnel: Drehbuch des Lebens, 1990
Peter Orban: Seele, 1991
Peter Orban & Ingrid Zinnel: Personare, Die zwölf Personen im Inneren,
1992
P.Orban, 1. Zinnel, T. Weller: symbolon - Das Spiel der Erinnerungen,
Kartenspiel, 1993
Peter Orban & Ingrid Zinnel: Das Spiel der Erinnerungen (Buch), 1993
P. Orban, 1. Zinnel, T. Weller: symbolon - Das Horoskop-Mandala (Set), 1994
Peter Orban: Der multiple Mensch, 1996
Peter Orban: Drehbuch Partnerschaft, (erscheint im April 1996)
4.Therapie
Von diesen vielfältigen Möglichkeiten wollen wir nun die Einzeltherapie
genauer betrachten.
4.1. Setting
Therapie-Einzelsitzungen:
,,Die Seele muß die richtige Zeit haben, sich mitzuteilen - hat sie zu
wenig Therapie-Sitzungen, fängt sie erst gar nicht an, hat sie zu viele,
verschiebt sie die Arbeit auf den „Sankt-Nimmerleins-Tag" . Im Laufe
der Jahre haben sich bei symbolon drei Settings als sinnvoll und ausreichend
herausgestellt:
A) Eine Horoskop-Beratung und 12 bis 24 Einzeltherapie-Sitzungen a 2 Std, die
einmal wöchentlich stattfinden. Gesamtdauer ca. 3 Monate. Preis: DM 4060,-,
bzw. 7660,- (= Horoskop DM 400,-, Therapie-Sitzung DM a 300,-).
B) Eine Horoskop-Beratung und 20 Einzeltherapie-Sitzungen, die täglich
stattfinden in einem oder auf zwei Blöcke verteilt (Unterbringung muß
selbst organisiert werden).
Folgendes Setting hat sich für die konkrete Therapie-Sitzung
in den letzten 15 Jahren herausgebildet:
1.) Der Patient liegt auf der Couch. Als Therapeut sitze ich hinter ihm, so
daß er mich nicht sehen kann. (Das ist ein Überbleibsel aus dem klassischen
psychoanalytischen Fundus.)
2.) Eine Sitzung dauert etwa zwei Stunden.
3.) Während der ganzen Zeit läuft Musik (mal leise im Hintergrund,
mal sehr laut, um ein bestimmtes Thema zu unterstüzen und zu verstärken),
die selten rythmische Klangfiguren hat, sondern eher schwebende Zustände
vermittelt.
4.) Zu Beginn der Sitzung kann es eine kurze Unterhaltung geben. Auf meine Frage
schildert der Patient seine momentane Befindlichkeit (was während der letzten
Sitzung passiert ist oder was ihm auf den Nägeln brennt). Während
der w wteren Sitzung findet keine weitere ,,Unterhaltung" (im klassischen
Sinne) mehr statt. Zwar kann ich als Therapeut nachfragen, wenn ich etwas nicht
verstanden habe, oder Erläuterungen benötige - aber der Patient ist
mit etwas ganz anderem beschäftigt.
5.) Es wird in jedem Fall nach dem ersten Gespräch ein Trance-Zustand eingeleitet,
sei es mit Hilfe einer gesprochenen Trance-Induktion für beide ganz bewußt,
sei es durch meine veränderte Stimmlage im beiläufigen Gespräch
(also eher en passant), sei es durch bestimmte Atem-Techniken, die den Patienten
(und mich als Therapeuten) tiefer in unser Inneres führen, oder sei es
durch die Vorgabe ganz bestimmter ,,Innenweltbilder" (,,Wiese“, ,,Wald“,
,,Höhle", ,,Festung" etc.), in die der Patient sich hineindenkt
und hineinfühlt. Welche dieser Hilfstechniken im einzelnen Fall verwendet
werden, um einen Zustand herbeizuführen, der die Welt des Tages (für
uns beide) für zwei Stunden verschwinden läßt und die Welt der
Seele eröffnet, ist nicht vorherzusagen und hängt vom Gefühl
für die Situation ab.
6.) Atem: Der Atem ist das wichtigste Werkzeug bei der Arbeit des ,,Erinnerns".
,,Mit seiner Kraft sprengt er den dicksten Panzer, die stärkste Blockade,
das tiefgefrorenste Kühlgut, und seine Kraft wirkt still und stetig. Wenn
sie bewußt verwendet wird.
Es kann mitunter notwendig sein, den Atem heftiger werden zu lassen, aber das
ist selten und darf nicht zum Vehikel der eigenen Ungeduld werden. „D
er liebe Gott wirkt still", diesen Satz sollte sich jeder Therapeut in
seine „Werkstatt" hängen. Wo es laut und lärmend zugeht,
hört man nichts mehr von den Wundern des Inneren.
P. Orban nennt seine Methode mit dem Atem zu arbeiten das ,,Seelen röntgen".
Der Atem kann den Körper Teil für Teil durchleuchten und die dunklen
Klumpen des Abgespaltenen und dann Eingekapselten identifizieren. Und sie können
mit Hilfe des Atems gelöst werden, so daß die Bilder aus dem Eingefrorenen
wieder auftauen können.
4.2. Indikationen
Es gibt nach Peter Orbans Erfahrung zwei Indikationen, weshalb
jemand zu ihnen kommt, um Therapie zu machen:
1). aktuelle Konfliktsituationen, die sich als körperliche Krankheitssymptome
zeigen oder die sich auf der seelischen Ebene manifestieren. (konkretere Angaben
macht er allerdings nur für die seelischen Indikationen, indem er angibt:
Depression, Schuldgefühle, Sinnlosigkeitsgefühle, deine Umwelt malträtiert
dich, etc.)
2). Der Wunsch nach Selbsterfahrung im Sinne des „Erkenne dich selbst"
also unserer oben bereits gefundenen Frage: ,,Wer bin ich?"
Natürlich werden auch die Menschen, die wegen der erstgenannten Gründe
kommen über kurz oder lang erkennen, daß sie sich nur selbst helfen
können, mit aller angebotenen Unterstützung versteht sich. Entsprechend
stoßen auch sie bald zur gleichen Frage vor, die ja, es sei hier verraten,
bereits das Heilmittel in sich trägt, die Antwort des ,,Wie kann ich mir
helfen?"
4.3.Therapieverständnis
Peter Orban legt den Schwerpunkt der Frage: ,,Wer bin ich?"
auf den Ausschnitt ,,Was fehlt mir?". Das ist der grundlegende Schlüssel
seines Therapieansatzes.
1.) Therapie hat zu tun mit dem Thema der „Erinnerung". Ich erinnere
mich an das, was noch zu mir gehört, was alles in mir steckt.
2.) Therapie hat zu tun mit dem Kennenlernen der verschiedenen Personen in mir
und mit den verschiedenen Interessen, die diese Personen haben. Ich erinnere
mich an das kleine Kind (in mir), an den Taugenichts (in mir), an die strenge
Mutter (in mir), an den Vampir (in mir), ggf. an den Mörder und an das
Opfer des Mörders (in mir) etc.
4.) Therapie hat zu tun mit einem Akt der Versöhnung. Ich versöhne
mich mit den inneren Personen und versöhne die inneren Personen untereinander.Dazu
aber muß ich sie vorher ausreichend kennengelernt und akzeptiert haben,
daß sie sich in mir befinden. Ich vereinige mich mit ihnen und mit ihren
Gegensätzen. Ich begreife, daß all' diese Gegensätze Teil meines
Lebens sind.
5.) Therapie hat zu tun mit der Übersetzungsarbeit, um zu verstehen, was
das jeweilige störende Symptom bedeutet.
6.) Therapie hat nichts damit zu tun, ob ich mir die Kindheit, meine Träume,
das Hier und Jetzt oder vergangene Leben anschaue. Diese Orte sind nur Bühnen,
auf denen ich mich kennenlernen und erinnern kann. Keine dieser Bühnen
ist besser oder schlechter als die anderen, deshalb können wir. in unserer
Arbeit auch jede dieser Bühnen (und noch einige andere mehr) verwenden
- und tun das auch. Einen Wert an sich haben diese Bühnen nicht. Als Therapeuten
haben wir den Grundsatz, daß jeder Patient die ihm gemäße Bühne
selbst wählt. Wir stellen ihm nur die Werkzeuge zur Verfügung, auf
der jeweiligen Bühne die tiefsten Erfahrungen zu machen, die ihm zur Zeit
möglich sind.
Es geht also um eine Entdeckungsreise. Das nennt Peter Orban ,,Die Reise des
Helden". Der Blick nach Innen ,,ist ein Abstieg in die Hölle, eine
Entdeckungsreise in die Welt dessen, was wirklich ist. Ist eine Reise in die
Abgründe, Zerklüftungen und Schluchten deiner eigenen Zerrissenheit.
Das tut weh. Und das Ziel dieser Reise ist es, von der einen Seite der Schlucht
zur anderen zu gelangen ... und dort den Teil von dir zu finden, der dir fehlt,
dessen Verlust deine Krankheit anzeigt. Es ist das alte Gesetz der Homöopathie:
Simile similibus curentur - Gleiches möge durch Gleiches geheilt werden.
Der Weg durch die Hölle ist der Weg der Heilung.
Der eingefrorener Film, der aus meinem Unterbewußtsein den Qualitätssprung
in mein Bewußtsein durchlaufen hat ist jetzt Teil des ,,Wissens über
mich". Vorher war er ,,Wissen im Exil", gleichsam heimatvertrieben.
Jetzt ist dieses Wissen zu Hause (diese bis jetzt unbewußte Erinnerung).
In dem Moment, in dem ich mich mir im Akt der Selbsterkenntnis genähert
habe, daß nämlich diese Erinnerung zu mJr gehört, verliert sie
einen Teil ihrer (energetischen ) Ladung (,,Libidobesetzung"). Das hat
gravierenden Einfluß auf die vorher bereits bewußten Teile und damit
auf mein Leben. Es kommt ein Prozeß in Gang, den Orban den ,,Ausgleich
der kommunizierenden Röhren" nennen.
Nehmen wir ein Beispiel: Angenommen, ich definiere mich in meinem normalen Leben
als ein besonders kinderliebender Mensch, werde Kindergärtnerin, gründe
SOS-Kinderdörfer etc... Gehe ich in die unbewußten Bereiche meiner
Seele, muß ich darauf gefaßt sein, daß hier viele Erinnerungen
liegen, bei denen ich - wie weiland Herodes - Kinder gemordet, abgetrieben,
ausgesetzt, zerstückelt habe. Ein Wissen darüber geriete in einen
gewaltigen Konflikt mit meinem bewußten Selbstbild. Je mehr Material aber
in die Wasserröhre meines Bewußseins einfließen darf, desto
mehr sinkt sie auf der unbewußten Seite, bis sich die beiden Röhren
ausgeglichen haben. Mein Kampf für die Kinder läßt in dem Maß
nach, wie mein Kampf gegen die Kinder (in meiner im Unterbewußtsein gespeicherten
,,Erinnerung") in mein Bewußtsein gerät. Bis wir irgendwann
begreifen, daß das Für-Etwas-Sein genauso problematisch ist wie das
Gegen-Etwas-Sein.
4.4. Heilung
Wobei es nicht um ein „Tun“ oder Verändern
im Sinne von willentlichen Entschlüssen geht. Vielmehr geht es um das Lauschen,
die offene Bereitschaft wahrzunehmen, wie sich unsere Seele in ihren ,,vergessenen'
Schattenanteilen Schritt für Schritt zu zeigen beginnt. Auf dieser Ebene
findet unsere Erkundung statt, unsere Bearbeitung, unser Verstehen und Annehmen.
Mittlerweile ist es sicherlich deutlich geworden: Die Frage ,,Wer bin ich?",
die wir weiter oben als Voraussetzung für die Frage ,,Wie kann ich mir
Helfen? gefunden hatten, ist bereits die Antwort darauf ,,Wie?" ich mir
helfen kann. Ich kann mir Helfen indem ich herausfinde, was mir fehlt. Darin
liegt das einzig not-wendige.
Wir sehen ,,Bewußtwerdung", ,,Veränderung" letzlich ,,Gesundung",
,,Heilung" hat zu tun mit Ausgleich. Mit einem Ausgleich der Pole von Bewußtsein
und von Unterbewußten, das was wir weiter oben als ,,Ausgleich der kommunizierenden
Röhren" beschrieben haben.
Das ist das Grundgeheimnis von Therapie. Veränderung erwächst daraus
dann von selbst. ,,Nur wenn wir uns zu erfahren erlauben, daß ein Teil
von uns mit gleicher Inbrunst Krieg will, wie ein anderer Teil Frieden, können
beide Teile für uns gleich gültig werden und dann werden sie nach
den Gesetzen der Polarität auch gleichgültig. Dann sind wir nicht
mehr in der Polarität gefangen, wir stehen auf einer neuen Ebene, auf der
Krieg und Frieden keine Probleme mehr sind."
Allerdings: Je mehr Ansichten unsere Seele von sich kennt, desto deutlicher
fühlen wir zunächst unsere Zerrissenheit. „Zunehmendes Bewußsein"
heißt nicht unmittelbar ,,zunehmende Einheit", sondern zunächst
eher zunehmende Zwiespältigkeiten und das Ertragenkönnen derselben.
Hier ist ,,Ambivalenztoleranz" gefordert, die Fähigkeit also Spannungen,
die sich aus Widersprüchen ergeben auszuhalten ohne einen der beiden Ansprüche
wieder ins Unbewußte zu versenken.(s. Abb. 6)
Das macht den Kern von Bewußtheit aus, aus dem heraus sich dann Veränderung
auch im äußeren Leben entwickelt.
4.5. Außenwelt
Doch
diese Tatsachen gelten nicht nur innerhalb unserer Seele. Sie gelten auch für
unsere Berührungen mit der Außenwelt.
Psychologisch betrachtet nehmen wir die Welt durch den Filter unserer Vorlieben
und Abneigungen wahr, durch unsere Wünsche, Ängste, etc... und verzerren
sie damit zu unserer jeweils ganz persönlichen Weltsicht. Es ist wie bei
unserem Experiment mit dem Bild der ,,Alten und der jungen Frau", das wir
in der ersten Ausbildungswoche durchgeführt haben: Jeder sah darin etwas
Eigenes, gemäß seinen Dispositionen. Das Bild wirkte als Projektionsfläche.
Was auch immer uns gegenübertritt wir können es nicht ,,objektiv"
wahrnehmen. Wir färben es ein mit den bewußten und mit den unbewußten,
manchmal überraschenden oder grauenvollen Anteilen unserer Seele. Insofern
formen wir unsere Welt nach unserem Bilde.
Unter der Perspektive der hermetischen Philosophie gilt wie eingangs in den
Hauptsätzen formuliert, Entsprechendes, nur ist es viel radikaler, viel
weitreichender, indem es heißt: Alles, was uns von außen begegnet
als „das Leben" oder ,,die Welt" ist nicht unabhängig von
uns ,,an sich" vorhanden, sondern fällt uns gesetzmäßig
zu. Dabei hat dieses ,,Gesetz" nichts zu tun mit Rache oder Strafe oder
sonstigen menschlichen und moralischen Wertkategorien. Sein Ziel ist der Ausgleich.
Denn das Leben der Seele schwingt, wie oben ausgeführt zwischen Polaritäten.
Das Bewußtsein hingegen will Identität und Einheit (des Ego) und
damit betont es immer nur den einen Pol. Je mehr sich das Ego in diese eine
Seite des Polbezuges verrannt hat, desto mehr muß ,,das Gesetz ,, früher
oder später dafür sorgen, daß der andeie Pol wieder ins Spiel
kommt.
Wer diese Sichtweise nicht teilt, nennt es Schicksal oder Unglück oder
bleibt einfach bei seinem nagenden Hadern, daß seine Beziehungen immer
unglücklich enden, etc.
Also: auch in allen Erfahrungen, die wir mit ,,der Außenwelt" machen,
die uns überrollen, die über uns hereinbrechen, können wir erkennen,
was wir in uns nicht wahrhaben wollen! In Abwandlung eines bekannten Sprichwortes
könnte man sagen: Zeige mir deine Feinde und ich sage dir, was du in dir
nicht anschauen willst.
Die Erlösung liegt natürlich auch hier in unserem Mut uns das Hinschauen,
Hinlauschen auf das, was ist, schonungslos zuzumuten und es im Sinne zunehmender
Selbsterkenntnis gelten zu lassen, anzunehmen und zu integrieren.
Therapie schafft zunächst einen Schon ra um, um dieses Hinschauen zu üben.
Es gibt dafür wie oben bereits ausgeführt ein breites Spektrum an
Übungshilfen, Werkzeugen, Techniken und Schauplätzen, auf denen diese
Arbeit stattfinden kann. Ich gehe im nächsten Kapitel weiter darauf ein.
Schließlich gewinnen wir aus diesem „Probehandeln" evtl. den
Mut und die Kraft diese Haltung zunehmend auf unsere Erfahrungen mit der Außenwelt
zu übertragen. Wir muten uns dann zu, auch diese unter dem Vorzeichen zu
betrachten, daß uns hier unsere unbewußten Schattenanteile begegnen.
Sie kommen jetzt anstatt als Erinnerung aus unserem Unterbewußtsein wohin
wir in der Therapie schauen als unmittelbar gegenwärtige Lebenserfahrungen
aus der Außenwelt auf uns zu.
,,Alles, was dir unangenehm ist, ist das, was du nicht lebst! Alles, was du
ablehnst, ist das, was dir fehlt! Alles, was du haßt ist das, was du in
dir nicht haben willst - was aber da ist! In dir da ist! Alles, was du tötest,
tötest du in dir!"
4.6. Rolle des Therapeuten
Zum Selbstverständnis des Therapeuten hält P. Orban
einige provozierende Thesen bereit:
,,Ich behaupte, ein Therapeut ist erst einmal ein zutiefst kranker Mensch. Jeder
Therapeut. Er ist ein Verletzter, ein Verwundeter. Er ist ein an seiner Seele
Kranker und deshalb braucht er die Kranken dieser Welt, daß sie ihm sein
eigenes Kranksein zeigen. Ich als Therapeut habe in einer Woche zwanzig Therapiesitzungen,
meine Patienten haben nur eine oder zwei - die Frage stellt sich: Wer ist da
eigentlich kränker?
Ich als Therapeut habe nichts zu tun mit der Heilung meiner Patienten. Ich habe
nach bestem Wissen und Gewissen eine Situation herzustellen, in der Erinnerung
stattfinden kann. Ob der Patient sich jedoch erinnern will oder nicht, liegt
einzig und allein in seinem eigenen Ermessen. Der Therapeut hilft dem Patienten
überzusetzten in das bedrohlich-wilde Land des Unterbewußtseins.
Die Hilfsmittel, die der Therapeut verwendet - Trance, Musik, Atem, Gespräche
- sind das Gefährt mit dem beide (Therapeut und Patient) die eingegrenzte
Welt des ,,Ich", das bekannte, sichere kultivierte Gebiet verlassen. Hier
im Land der anderen inneren Personen wird der Therapeut zum einem Wegbegleiter
ins Unbekannte. Er folgt dem Patienten und bleibt nur um einen Schritt hinter
ihm. Er stärkt den Patienten in seinem Mut weiterzugehen. Niemals geht
der Therapeut hier voraus! Der Patient erkundet das fremde Land und begegnet
den Bewohnern. Er nimmt den Therapeuten mit auf seine Wanderungen, aber niemals
- ich betone es noch einmal - ist der Therapeut der Führer in diesem Land.
Manchmal, wenn der Wegbegleiter das Gefühl hat, es gehe an dieser Stelle
nicht weiter (das Gelände wird zu abschüssig oder zu hohe Mauern blockieren
den Weg), darf er einen Umweg oder einen anderen Weg vorschlagen. Aber weder
jagt er den Patienten den steilen Berg hinauf, noch peitscht er ihn durch den
Abgrund. Höchstens macht er Vorschläge, wie dieses Hindernis doch
noch zu meistern wäre.
Als Therapeut steht er immer vor zwei Gefahren: Die erste besteht darin, daß
er zu wissen glaubt, wohin der Patient gehen sollte, und so versucht, den Weg
abzukürzen. Damit verletzt er die Autonomie des ,,Ichs" des Patienten.
Die zweite besteht darin, daß er aus einer eigenen Problemlage heraus
einige Landschaften unbewußt, aber doch gezielt vermeidet und den Patienten
so von bestimmten Wegen fernhält.
4.7. Wahrheitsgehalt der Therapieinhalte
Es taucht immer wieder die Frage danach auf, ob die Geschehnisse,
die bei unserer Innenwelterkundungen auftauchen wirklich so stattgefunden haben.
Ist es wahrhaftige Erinnerung oder reine Phantasie oder vielleicht die symbolische
Darstellung ödipaler Phantasien?
Die Antwort lautet: Es ist im Sinne der Zielrichtung der Therapie völlig
gleichgültig! Es spielt keine Rolle, ob der heutige Vater (oder irgendein
Vater aus einer Inkarnation) die Tochter je sexuell mißbraucht hat - das
mag schon sein, ist jedoch unter therapeutischem Blickwinkel nicht relevant.
Denn fruchtbar wird die Therapie nur dadurch, daß die Klientin die Bereitschaft
und die Bewältigungskraft entwickelt, die ihre innere Suchbewegung dahin
leitet die vergewaltigten inneren Personen in ihrem Sosein zu finden. Mit all
ihrem Schmerz, mit all ihrem Leid, mit all ihren Vergewaltigungen - aber auch
mit allem, was sie dennoch anzubieten haben! Damit sie sich eines Tages nicht
mehr hinter ihren Symptomen verstecken müssen.
Wir sehen wieder: Therapie hat zu tun mit dem Mut, die Grenzen des Ichs zu überschreiten
und sie zu erweitern.
5. Methodisches
5.1. Konkrete Interventionsbeispiele:
Die wesentlichen Hilfsmittel, die der Therapeut verwendet, um
sich mit dem Patienten in das Reich des" Noch-Unbewußten" hineinzubewegen
sind also: Trance, Musik, Atem, Gespräche.
Ich habe in seinen Texten recht wenig ganz konkrete Angaben über Interventionen
gefunden. Hier wenigstens einige Eindrücke:
- Trance-Einleitung:
Th: ,,Du gehst die lange, dunkle steinerne Treppe hinab nach unten, und in der
Mitte der Treppe steht „Betty" - die wir aus der vorherigen Sitzung
schon kannten -, und ab dieser Stelle wird Betty die Führung übernehmen
und dir die Bereiche zeigen, in denen sie sich auskennt" - Atem:
Th: Atme dich zurück in die Zeit, als du ein angesehener Mann warst! -
Bilderebene:
z.B.: Genauer Hinschauen, deutlicher beschreiben, verweilen und noch einmal
nachschauen...
Th: ,,Beschreibe den Tänzer. Wie ist er?" Th: ,,Eine innere Person
ist aufgetreten..."
- Es gehört zu den ,,Basics" dieser Therapie, daß jede auftauchende
Person als eine meiner inneren Personen aufgesucht und integriert werden muß!
z.B. die Gestalt des Todes, des Inneren Arztes/Heilers...oder „Betty",
,,Till", ,,Thea", etc...
- Es ist für die Therapie sehr wichtig, daß der Therapeut sich mindestens
einen Inneren zum Co-Therapeuten (zum Freund, zum Verbündeten) macht, denn
ohne seine Anleitung und seinen Rat ist man in diesem Gelände oft sehr
hilflos und verloren.
5.2. Dokumentation
Die Patienten werden aufgefordert jede Sitzung sorgfältig in ein Tagebuch
einzutragen. P. Orbans schreibt in den Sitzungen stichwortartig das Gesagte
mit, wichtige Passagen, wenn es eben geht auch wörtlich.
5.3. Ergebnis der Therapie
,,Wo Es war, soll Ich werden" nannte Freud das grundlegende
Anliegen seiner Psychoanalyse. Orban schließt sich dem grundsätzlich
an, wenngleich man seinen anderen ,,Ich" -Begriff berücksichtigen
muß.
Hier noch eine kleine Geschichte dazu aus der griechischen Mythologie: ,,Während
Demeter, die Göttin der Fruchtbarkeit und der Ähren, über alles
Land regierte, das urbar gemacht war, über alle Felder, die bebaut und
kultiviert waren, begann an den Grenzen des von Menschenhand Erschlossenen,
direkt hinter dem letzten Kornfeld, das wilde Land. Und hier herrschte der bocksfüßige
Pan mit seiner wilden und bedrohlichen Schar. Mit seinem bacchantischen Treiben.
Und es ist kein Zufall, daß in seinem Namen das Wort ,,Panik" seinen
Ursprung hat. Hier herrschte und lauerte - auch für die Seele der Griechen
- die Angst. Und nur zu bestimmten Zeiten des Jahres, wenn nämlich seine
Feste gefeiert wurden, ließ sich der Grieche (und die Griechin?) ein auf
den Pan in sich und lebte dieses z.T. sehr orgiastische Treiben. Nur jetzt war
es erlaubt. Den Rest des Jahres hielt man respektvoll Abstand zu seinen Grenzen
und setzte eben nicht über."
Konkret heißt das: Der Patient lernt Personen kennen, die für sein
normales Alltags-Ich zunächst unbekannt waren. Nach den jeweiligen Sitzungen
kann er sich die Frage vorlegen: Kenne ich diese Personen wirklich nicht?
Nachdem das Ganze etwas nachgewirkt hat und eingesunken ist, stellt sich häufig
das Gefühl ein, diese inneren Personen zu kennen, d.h. er erinnert sich
an Bruchstücke, denn es gibt das Agieren der betreffenden Personen auch
real in seinem Leben.
Solange dieser Schritt nicht erfolgt, daß die Bilder der Seele, daß
die Personen der Seele, übertragen werden auf das heutige Leben, bleiben
sie folgen los. Es muß also eine Übersetzung stattfinden!-daß
ich das Bild aus fernen Zeiten übersetze in die Gegenwart. Die inneren
Personen, die in den Sitzungen auftauchen, sind nämlich nicht etwa deshalb
wichtig, weil sie bereits einmal gelebt haben, sondern weil sie sich im gegenwärtigen
,,Ich" immer noch mit ihren alten Mustern ausdrücken - daß ich
die wie außerhalb von mir handelnden Figuren als Personen meines eigenen
Inneren gelten lasse.